CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Beate Tenfelde.
Frage: Herr Tauber, wir treffen uns am Prenzlauer Berg im begehbaren Wahlprogramm der CDU: Ist das ein Gag oder lockt das wirklich Leute?
Tauber: Unser begehbares Programm wird sehr gut angenommen: Wir hatten seit der Eröffnung am 18. August schon über 10000 Besucher aus allen Altersgruppen. Wir erreichen damit Menschen, die zu keiner klassischen Parteiveranstaltung kommen würden, die sich aber darüber informieren wollen, was wir machen werden, damit Deutschland stark und erfolgreich bleibt. Auch über unsere Webseite schauen sich viele unser sogenanntes #fedidwgugl Haus digital an. Man kommt hier gut ins Gespräch, kann einen Kaffee trinken, staunen, diskutieren, Infomaterialen mitnehmen. Unser Wahlprogramm liegt selbstverständlich auch in gedruckter Form aus – man kann es sich aber auch online als Hörbuch 23 Minuten lang anhören. Wir wollen möglichst viele Menschen mit unseren Ideen erreichen.
Frage: Der Bundestagswahlkampf kostet die CDU 20 Millionen Euro, die SPD gibt noch mehr aus. Ist das sinnvoll eingesetztes Geld? Mit Plakatwänden zugestellte Innenstädte nerven…
Tauber: Plakate gehören zum Wahlkampf dazu. Wir werben überall um Vertrauen: im Fernsehen, an der Haustüre, in sozialen Netzwerken oder eben ganz klassisch an der Laterne.
Frage: Fake News, Social Bots, mögliche Eingriffe Russlands: Der Bundestagswahlkampf werde schlimm, so hat die CDU-Spitzenkandidatin Angela Merkel prophezeit. Entwarnung?
Tauber: Noch ist die Wahl ja nicht rum. An einer Stelle hat es sich aber schon bewahrheitet, dass dieser Wahlkampf anders als frühere wird: Unter dem Banner der AfD stören Rechtsextreme fast alle unsere Veranstaltungen. Sie schreien und pöbeln, nerven die wirklich interessierten Besucher. Aber das halten wir aus. Wir weichen nicht, das sind wir unseren Anhängern schuldig.
Frage: Im sächsischen Torgau buhten Dutzende AfD- und Pegida-Anhänger Merkel mit „Volksverräter“-Rufen aus…
Tauber: Diese selbsternannten Patrioten sind in weiten Teilen Rechtsextreme, die mit der einen Hand AfD-Plakate schwenken und die andere zum Hitlergruß heben. So geschehen in Finsterwalde. Das ist schlimm. Fest steht aber auch: Die Zahl der ernsthaft Interessierten ist um ein Vielfaches höher als die der Schreihälse – auch im Osten. Wir lassen uns deshalb nicht beirren und erklären den Leuten, wie wir Vollbeschäftigung erreichen, Familien entlasten, den digitalen Fortschritt gestalten und die ländlichen Regionen stärken wollen – für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.
Frage: Die CSU hat Sorge vor Gettos in Deutschland, weil die Integration von Flüchtlingen die sogenannten „kleinen Leute“ überfordert…
Tauber: Natürlich gibt es Beispiele gescheiterter Integration. Um die ersten Gastarbeiter haben wir uns nicht wirklich gekümmert. Das darf sich nicht wiederholen. Deswegen ist es so wichtig, dass CDU und CSU gegen den Widerstand aller anderen Parteien ein Integrationsgesetz durchgesetzt haben. Zugleich muss man aber auch sagen, dass sich viele Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte sehr gut integriert und sich hier etwas aufgebaut haben. Darüber sollte man auch mal sprechen.
Frage: CSU-Chef Horst Seehofer hat die alte Forderung nach einer Flüchtlingsobergrenze erneuert. Eben doch Zwist in der Union?
Tauber: Da sind die unterschiedlichen Positionen ja bekannt. Entscheidend ist, dass wir bei allen wichtigen Fragen für die nächsten Jahre an einem Strang ziehen – bei der Unterstützung von Familien zum Beispiel durch ein Baukindergeld, bei der Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen, bei der Gestaltung der Digitalisierung, bei höheren Investitionen in Bildung und Forschung.
Frage: Die AfD liegt in Umfragen derzeit bei elf Prozent. Hat sie ihr Potenzial damit ausgereizt?
Tauber: Ich kämpfe dafür, dass Links- und Rechtsextreme nicht so stark werden im nächsten Bundestag. Die Union sagt klar, dass es weder mit der AfD noch mit der Linkspartei eine Zusammenarbeit geben wird. Von Herrn Schulz würde ich mir so eine klare Haltung auch wünschen. Aber im TV-Duell hat er sich wie ein Aal gewunden bei der Frage nach Rot-Rot-Grün. So ein Bündnis würde Deutschland jedoch massiv schaden.
Frage: Stichwort TV-Duell: Ist dieses Format ein Auslaufmodell, weil zu langweilig?
Tauber: Es ist ein Angebot von vielen. Es gibt den Wahl-O-Mat, es gibt zahlreiche Talkshows und mehrere Townhall-Veranstaltungen. Im Übrigen: Wir machen flächendeckend Info-Veranstaltungen und ziehen von Tür zu Tür.
Frage: Rächt sich, dass es keinen Internet-Minister gibt?
Tauber: Es ist gut, wenn in der nächsten Wahlperiode die Kräfte gebündelt werden. Ein Staatsminister für Digitalisierung im Kanzleramt sollte diese große Querschnittsaufgabe koordinieren.
Frage: Zum Schluss: Mit einer Reisewarnung für die Türkei hat Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) den Ton gegen Präsident Erdogan verschärft. SPD- Kanzlerkandidat Martin Schulz fordert, die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara zu beenden. Druck auf die Kanzlerin?
Tauber: Überhaupt nicht. Die Union hat beim Thema Türkei keinerlei Nachholbedarf. Wir haben immer klar gesagt, dass das Land nicht in die EU gehört. Die SPD hat uns für diese Haltung jahrelang attackiert – und nun will sie uns überholen. Das ist unglaubwürdig. Und es ist erkennbar der Jagd nach einer schnellen Schlagzeile geschuldet. Dabei blendet die SPD völlig aus, dass die EU nur gemeinsam diese Frage entscheiden kann. Fakt ist auch: Wir müssen trotz aller Differenzen im Gespräch bleiben. Insbesondere auch, um den dort inhaftierten Deutschen zu helfen. Mit Kraftmeierei bekommen wir den Journalisten Deniz Yücel und andere nicht frei. Dafür braucht es Besonnenheit und Beharrlichkeit.
Tauber: Möglichst viele Menschen mit unseren Ideen erreichen
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