Um die Ansteckung mit dem Coronavirus einzudämmen, haben viele Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Aber wie sieht eigentlich die arbeitsrechtliche Grundlage aus: Darf Euer Chef, Eure Chefin Homeoffice für alle anordnen? Dürft Ihr Euch aus Angst vor einer Ansteckung einfach ins Homeoffice verabschieden? Und welche Rechte und welche Pflichten gelten sonst noch?
Das Coronavirus stellt unseren Alltag auf den Kopf. Und verändert für viele von uns die Art, wie wir arbeiten. Flächendeckend schicken Unternehmen ihre Büromitarbeiter ins Homeoffice. Dabei gilt allerdings nach wie vor das geltende Arbeitsrecht. Und das besagt zunächst: Einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice gibt es nicht. In vielen Unternehmen sind aber entsprechende Regelungen bereits vorhanden. Entweder als individuelles Abkommen im Arbeitsvertrag, per Tarifvertrag oder über Betriebsvereinbarungen, die Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt haben.
Ohne Homeoffice-Regelungen gilt Präsenzpflicht
Für Firmen, in denen Homeoffice bislang nicht üblich war oder es kein Abkommen gibt, gilt auch in Zeiten des Coronavirus: Arbeitnehmer müssen am Arbeitsplatz erscheinen. Der Arbeitgeber entscheidet über die beste Organisationsform für sein Unternehmen, und das kann im Zweifelsfall Präsenzpflicht bedeuten. Eigenmächtig von zu Hause aus arbeiten, aus Angst vor Ansteckung oder weil die Kinder aufgrund der Kita- und Schulschließungen nicht anders betreut werden können – das geht nicht. Im Fall einer Zuwiderhandlung droht eine Abmahnung, bei Wiederholungen sogar die Kündigung. Allerdings gehen die meisten Unternehmen davon aus, dass die Arbeitnehmer, sofern möglich, lieber von zuhause aus als im Büro arbeiten. Und gestatten von sich aus die Heimarbeit.
Anders verhält es sich, wenn ein konkreter Verdachtsfall auf COVID-19 in der Firma vorliegt oder sich ein Mitarbeiter mit dem Coronavirus angesteckt hat. Nun gehört es zu den Fürsorgepflichten des Arbeitergebers, alle Arbeitsplätze einer Risikobewertung zu unterziehen. In dieser Situation kann die Arbeit im Homeoffice als geeigneterer Weg erscheinen, um Mitarbeiter vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. Bei einer konkreten Ansteckungsgefahr, zum Beispiel durch einen infizierten Kollegen aus derselben Abteilung, darf der Arbeitnehmer auch von sich aus von zu Hause aus arbeiten. Dabei gibt es zwei Voraussetzungen: Der Arbeitgeber hat keine Schutzmaßnahmen getroffen (oder kann sie nicht treffen). Und die Tätigkeit muss Homeoffice zulassen. Was bei Büroarbeit meist problemlos möglich ist, geht bei Lkw-Fahrern, Industriearbeitern und Verkäuferinnen dagegen nicht.
Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung entscheidend
Was aber eben nicht geht: Der Arbeitgeber darf Euch nicht gegen Euren Willen an den heimischen Schreibtisch verbannen. In den meisten Arbeitsverträgen ist genau festgehalten, was als „Betriebsstätte“ gilt. Zudem wird die Privatwohnung durch das Grundgesetz besonders geschützt. Der Arbeitgeber hat daher kein Recht, Ihre Wohnung von sich aus zur beruflichen Nutzung zu beanspruchen. Es sei denn, im Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung ist die Anordnung von Homeoffice geregelt. Dann müssen Sie auch Folge leisten. Allerdings kann der Arbeitgeber von Mitarbeitern, die weiterhin das Büro aufsuchen, verlangen, dass sie eine Erklärung zu ihrem aktuellen Gesundheitsstatus abgeben. Auch der persönliche Kontakt zu Menschen, die sich bereits nachweislich mit dem Coronavirus infiziert haben, muss dann angegeben werden.
Arbeitszeit und Pausen geregelt wie im Büro
Im Homeoffice gilt genauso wie im Büro das Arbeitszeitgesetz. Das bedeutet: Grundsätzlich darf der Mitarbeiter nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten. Eine gewisse Flexibilität ist möglich, so dass sich bei viel Arbeit der Arbeitstag auch um ein, zwei Stunden verlängern lässt. Aber nur, wenn die Arbeitszeit innerhalb der nächsten sechs Monate wieder ausgeglichen wird. Überstunden müssen also durch Minusstunden wieder abgebaut werden. Zudem besteht eine Dokumentationspflicht. Das bedeutet: Im Homeoffice sind zunächst Sie in der Verantwortung, Ihre Arbeits- und Pausenzeiten aufzuschreiben. Sofern es keine zentrale elektronische Erfassung gibt, müssen Sie gegebenenfalls eine Excel-Tabelle führen. In vielen Unternehmen ist es üblich, solche Dokumentationen einmal in der Woche dem Vorgesetzten vorzulegen. Andere Firmen halten einmal im Monat für ausreichend.
Pausen- und Ruhezeiten gelten auch am heimischen Schreibtisch
Das Arbeitszeitgesetz gibt ebenfalls die Pausen- und Ruhezeiten vor, die am heimischen Schreibtisch gelten. Wer mehr als sechs Stunden arbeitet, muss eine Pause von mindestens 30 Minuten einlegen. Ob die Pause höchstens eine oder anderthalb Stunden lang sein darf, regelt dann der Arbeitsvertrag. Bei mindestens neun Stunden Arbeitszeit muss die Pause zwischendurch mindestens 45 Minuten betragen. Zwischen Feierabend und dem Arbeitsbeginn am nächsten Morgen haben Sie dann eine Ruhezeit von elf Stunden einzulegen, Telefonate mit der Chefin oder kurze E-Mail-Checks sind dann eigentlich auch tabu. Kürzere Unterbrechungen sind im Einzelfall möglich, allerdings müssen Sie sie innerhalb eines Kalendermonats durch längere Ruhezeiten an anderen Tagen ausgleichen.
Ohne Vertrauen geht nichts
Gerade die Arbeitszeiten im Homeoffice setzen viel Vertrauen voraus. Der Arbeitgeber muss darauf vertrauen, dass wirklich gearbeitet wird. Im Gegenzug muss aber auch der Arbeiternehmer darauf vertrauen können, dass er nicht ständig überwacht wird. Stichprobenartige Kontrollen sind erlaubt, jedoch nur höchstens zweimal am Tag per Videokonferenz oder Telefonschaltung. Generell sollte der Arbeitnehmer während der im Betrieb geltenden Kernarbeitszeiten erreichbar sein. Aber wie gesagt: Vertrauen ist wichtig. Nur weil man nicht gleich ans Telefon geht, verbringt man seine Zeit nicht gerade mit Kaffeetrinken. Auch im Büro ist die reine Anwesenheit kein Indikator für Produktivität.
IT-Sicherheit vor neuen Herausforderungen
Homeoffice ist für viele Unternehmen im Moment auch deshalb eine gute Lösung, weil es bereits viele digitale Tools gibt, mit denen Kolleginnen und Kollegen einfacher zusammenarbeiten können, ohne dabei physisch im Büro anwesend sein zu müssen. Daher überrascht es nicht, dass in den letzten Wochen Programme für Video- und Audiokonferenzen stark nachgefragt waren. Auch Chat-Messenger und internetbasierte Projektmanagement-Tools hatten regen Zulauf. Trotzdem gilt auch hier: safety first! Denn trotz Coronavirus ist ja beispielsweise die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht außer Kraft gesetzt.
Austausch sensibler Daten nicht ungeschützt
Der Austausch sensibler Daten sollte daher nicht ungeschützt erfolgen, sondern nur über gesicherte Kanäle. Eine Möglichkeit stellen virtuelle private Netzwerke (VPN) dar. Über diese verschlüsselten Verbindungen können Mitarbeiter im Homeoffice auf die Firmen-E-Mails, die wichtigsten Programme oder die Server des Unternehmens zugreifen, zum Beispiel, wenn sie bestimmte Kundendaten benötigen. Größere Unternehmen haben in der Vergangenheit schon gut funktionierende Lösungen aufgesetzt, etwa für Außendienstmitarbeiter. Doch angesichts der aktuellen Krise fehlt es gerade kleineren Firmen an Zeit, Geld und IT-Knowhow, um eine derart komplexe Infrastruktur aufzubauen. Kurzfristige Abhilfe schaffen hier Online-Dienste wie Akamai, CloudFlare, Zscaler und andere. Diese Sicherheitslösungen arbeiten vollständig Internet-basiert und kommen ohne zusätzliche Hardware aus.