In diesen Tagen entscheidet sich, ob und wie Großbritannien aus der EU austritt. Der neue Premierminister Boris Johnson ist in europäischen Hauptstädten unterwegs, um für eine Änderung des Austrittsvertrags zu werben. Doch die Botschaft der EU ist eindeutig: Im Rahmen der Verhandlungen mit der früheren britischen Regierung unter Theresa May sind alle Optionen intensiv ausgelotet worden. Eine Änderung des Austrittsvertrags, etwa durch Wegfall der„Backstop“-Regelung für Nordirland, ist weder vernünftig noch durchsetzbar.
Bereits vor über zwei Jahren vorhergesagt
Jürgen Hardt, Wuppertaler Bundestagsabgeordneter und außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, sieht sich durch die Entwicklungen der vergangenen Monate in seiner Auffassung bestätigt, dass der Brexit gar nicht stattfinden wird. Von Anfang an war klar, dass es angesichts der Faktenlage keinen Austrittsvertrag mit Großbritannien geben würde, der den Erwartungen der Brexit-Befürworter in Großbritannien entspricht. Vielmehr ist im Rahmen der Verhandlungen deutlich geworden, was besonders für Großbritannien auf dem Spiel steht und durch keinen noch so klugen Vertrag kompensiert werden kann. Deshalb gab es auch keine Mehrheit für den aktuell vereinbarten Vertrag im Unterhaus, und Premierministerin Theresa May musste zurücktreten. „Ich erlaube mir den Hinweis, dass ich dies bereits vor über zwei Jahren so vorhergesagt hatte“, stellt Hardt fest.
Der MdB sieht jetzt fünf Optionen
- Das Unterhaus stimmt dem mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag doch noch zu – eher unwahrscheinlich.
- Eine Änderung des Vertrags in den nächsten Wochen, so dass das britische Unterhaus noch vor dem 31. Oktober zustimmt. Auch das sei wenig wahrscheinlich.
- Der Ablauf der Frist und der harte Brexit zum 1. November – mit unabsehbaren Folgen für Großbritannien und auch erheblichen Nachteilen für die EU. Hardt: „Diese Option hat das britische Unterhaus durch mehrere Beschlüsse ebenfalls ausgeschlossen. Ich glaube deshalb nicht, dass es soweit kommt.“
- Das Unterhaus zwingt die Regierung eine Fristverlängerung zu erreichen, die die Durchführung eines zweiten Referendums in Großbritannien oder gar Neuwahlen möglich macht. Hardt: „Dies wäre allerdings auch das Ende einer sehr kurzen Amtszeit des Premierministers Boris Johnson.“
- Das britische Unterhaus zwingt die Regierung rechtzeitig vor dem 31. Oktober, den Austrittsvertrag zurückzunehmen. Diese Option hält Jürgen Hardt für die Wahrscheinlichste. Formal bedarf es lediglich eines Anrufs des britischen Premierministers bei einer der Spitzen der EU, um den Antrag nach Artikel 50 des EU-Vertrags zurückzuziehen.
Hardt sieht im Rücktritt vom Austritt und einem neuerlichen Referendum für alle Seiten die beste Lösung und will sehen „ob die Vernunft sich durchsetzt“.