Die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) spielen eine weltweite Vorreiterrolle. Als nach eigenen Angaben erster kommunaler Energieversorger auf dem Globus haben sie am Montag (20. November) einen sogeannten Blockchain-basierten Handelsplatz für Ökostrom in Betrieb genommen. Mit „Blockchain“ bezeichnet man eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff, der übersetzt „Blockkette“ bedeutet).
Auf dem Handelsplatz „Tal.Markt“ können Kunden ihren Strom bei lokalen Ökostromanbietern erwerben und ihren Energiemix selbst zusammenstellen. Jede Transaktion wird über die neue Technologie fälschungssicher ausgeführt. So wird sichergestellt, dass keine Kilowattstunde Solar- oder Windstrom doppelt verkauft werden kann. Die Wuppertaler Stadtwerke sind Betreiber der Handelsplattform und übernehmen die energiewirtschaftliche Abwicklung.
Stromvertrieb revolutionieren
„Das Konzept hat die Kraft, den Stromvertrieb zu revolutionieren“, ist sich WSW-Vorstandsvorsitzender Andreas Feicht sicher. Erstmals sei es möglich, dass Kunden eigenständig und mit echtem Herkunftsnachweis ihre Stromerzeuger auswählen könnten. Bedeutend sei das neue Konzept aber insbesondere auch für die Zukunft der Branche der erneuerbaren Energien..
„Schon bis zum Jahr 2020 werden deutschlandweit über 5.000 Windräder aus der EEG-Förderung laufen“, so Feicht. Die nach der Förderung zu erzielenden Vermarktungserlöse an der Strombörse reichen aus heutiger Sicht nicht aus, die Betriebs- und Wartungskosten zu decken. Die Windräder würden in der Folge stillgelegt und demontiert werden. Nicht nur aus Feichts Sicht eine Vernichtung volkswirtschaftlichen Vermögens.
„Über unser Modell eröffnen wir Windmüllern und Solaranlagenbetreibern die Möglichkeit, ihre Anlagen direkt beim Endkunden zu vermarkten und so kostendeckende Erlöse zu erzielen“, erläutert der Energiemanager. Für nicht weniger bedeutend hält Feicht die Chance für Investoren, Windkraftanlagen oder Solarparks über das Modell auch ganz ohne Förderung zu realisieren, indem sie bilaterale Verträge mit Endkunden abschließen.
Bergischer Strom
Konkret funktioniert das Blockchain-Modell über die Internetadresse www.wsw-talmarkt.de, auf der Betreiber von Solarstrom-, Windkraft- und anderen regenerativen Anlagen ihren Strom anbieten und Verbraucher diesen kaufen können. „Ökostrom direkt vom Erzeuger“, erläutert WSW-Vertriebsleiter Andreas Brinkmann in Analogie zum Hofladen eines Biobauern. „Im ersten Schritt begrenzen wir die Energieproduzenten ganz bewusst auf Wuppertal und das Bergische Land. Bergischer Strom für Wuppertaler Kunden“, so Brinkmann weiter.
Zu den Stromanbietern auf Tal.Markt gehören die Wuppertaler Firma Jenniges mit einer großen Solaranlage und der Verein Regen e.V., Betreiber des ersten Wuppertaler Windrads. Auch zwei große private Photovoltaik-Anlagen sind dabei. Damit die potenziellen Stromkäufer mehr Auswahl haben, bieten die WSW in der Pilotphase auch Strom aus eigenen regenerativen Anlagen an, nämlich aus zwei Blockheizkraftwerken sowie aus einer Wasserturbine an der Herbringhauser Talsperre.