Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren hat der nordrhein-westfälische Landtag im April die kommunalen Stichwahlen abgeschafft. Mit der Stimmenmehrheit der Regierungsparteien CDU und FDP wurde das Gesetz für die Kommunalwahl 2020 verabschiedet, das keinen zweiten Wahlgang für Bürgermeister und Landräte mehr vorsieht.
Die Fraktionen von SPD, Grünen und AfD stimmten gegen die Abschaffung der Stichwahl. Die Abgeordneten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben inzwischen ein Normenkontrollverfahren beim Landesverfassungsgericht beantragt, um eine Klärung über die verfassungsmäßige Zulässigkeit der durch CDU und FDP beschlossenen Änderung herbeizuführen.
„Dieser Beschluss bedeutet nämlich nicht nur eine massive Schwächung der Demokratie, sondern ist auch vom Verfahren her untragbar.”
(Marc Schulz, FDP-Fraktionschef im Wuppertaler Stadtrat)
Marc Schulz, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Wuppertaler Stadtrat, erklärt dazu: „Wir begrüßen es sehr, dass die Abgeordneten der Fraktionen von SPD und Grünen im Landtag Klarheit schaffen wollen. (…) Dieser Beschluss bedeutet nämlich nicht nur eine massive Schwächung der Demokratie, sondern ist auch vom Verfahren her untragbar. Die Änderung des Kommunalwahlrechts nur rund 14 Monate vor den Kommunalwahlen und mit hauchdünner Mehrheit im Parlament ist eine unnötige Machtdemonstration von Schwarz-Gelb gegen alle parlamentarischen Gepflogenheiten. Auf die Abläufe in den Kommunen und in den Parteien vor Ort, die ihre Vorbereitungen für die OB- oder Landratswahlen treffen müssen, haben CDU und FDP keine Rücksicht genommen.“
Ohne Stichwahl hätte Görlitz einen AfD-Oberbürgermeister
Zudem verkenne Schwarz-Gelb, dass sich die Parteienlandschaft verändert und sich diese immer weiter aufgefächert habe, so Schulz weiter. Eine größere Anzahl von Kandidat*innen führe aber regelmäßig dazu, dass die Stimmen sich weiter verteilen, der Wahlsieger also einen kleineren Anteil der Gesamtstimmenanzahl auf sich vereinigen kann und die Erstplatzierten im ersten Wahlgang daher nicht automatisch die nötige Legitimation der Bürger*innen haben.
Schulz weist auch darauf hin, dass es in der sächsischen Stadt Görlitz sogar beinahe ein AfD-Politiker geschafft hätte, zum Oberbürgermeister gewählt zu werden, obwohl eine übergoße Mehrheit der Wähler*innen nicht für ihn gestimmt hatte. Nur dank der Stichwahl wurde der Willen der Bürger*innen dann aber berücksichtigt.
„Es geht um Macht. Um Posten. Um die Vorherrschaft in den Kommunen.“
(Stefhan Lauscher, WDR)
Übrigens: WDR-Kommentator Stefan Lauscher sieht das Manöver der Regierungsparteien als pures wahltaktisches Kalkül: „Es geht um Macht. Um Posten. Um die Vorherrschaft in den Kommunen. Und um das zu erreichen, wird einfach mal am Wahlrecht gefummelt.“