Die Kontrolle von Betrugsvorwürfen kann nicht auf die Gesundheitsämter abgeschoben werden, dafür sind sie nicht zuständig und haben auch gar keine Möglichkeiten dazu.
Johannes Slawig, Leiter des Wuppertaler Krisenstabs, ggü. WZ
Seit März können sich Bürger einmal pro Woche kostenlos testen lassen. Durch eine mehr als zweifelhafte Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums ist zurzeit jedoch Schnelltestzentren Tür und Tor geöffnet, um bei der Abrechnung von Schnelltests zu betrügen. Denn der Bund erstattet für jeden Corona-Schnelltest 18 Euro, doch keiner sieht sich in der Verantwortung, die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Schnelltests überhaupt zu überprüfen. Schnelltestzentren melden lediglich bis zum fünften Tag des Folgemonats, wieviele Tests im vergangenen Monat durchgeführt wurden. Die Meldung erfolgt formlos, beispielsweise in einer einfachen CSV- oder Excel-Datei. Regeln scheine es nicht zu geben, bestätigt uns ein Wuppertaler Schnelltestzentrum-Betreiber, der anonym bleiben möchte. Die Testverordnung definiert, dass die abrechnungsrelevanten Daten vier Jahre lang aufzubewahren sind; welche Daten jedoch abrechnungsrelevant seien, dazu gibt es keinerlei Auskunft. Ist der Nachname ausreichend? Oder reicht gar eine Strichliste? Die Kassenärztliche Vereinigung prüft dann die Plausibilität der abgerechneten Daten, die lokalen Gesundheitsämter oder Sozialministerien haben hingegen keinerlei Prüfauftrag bezüglich der Abrechnung.
Zur Einrichtung eines Schnelltestzentrums reicht dabei eine einfache Skizze sowie rudimentäre Angaben zu Personal und Standort. Aufgefallen war der Betrug bei der Bochumer Firma MediCan, welche deutlich überhöhte Zahlen auf täglicher Basis übermittelte und selbst zwei Schnelltestzentren in Wuppertal betrieb.
Schnelltestzentren schossen wie Pilze aus dem Boden
Nie sei es das Ziel gewesen, ein langes Prüfungsverfahren zu etablieren, bestätigt die Stadt Wuppertal. Denn es sei vielmehr im Interesse der Allgemeinheit, möglichst viele Testzentren zu haben. Und die gibt es nun. Waren es Mitte März in NRW noch 1.862 Testzentren, kletterte die Anzahl Mitte April auf 5.776 und Mitte Mai auf 8.735 Zentren. Deutschlandweite Zahlen lägen dazu nicht vor. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet jedoch mit einer Größenordnung von mindestens 20.000 bis 30.000 Testzentren in ganz Deutschland.