Drei Minuten vor Schluss hatte wohl nur noch der kühnste Optimist unter den BHC-Fans damit gerechnet, dass im Handball-Bundesligaspiel gegen den HSV Hamburg Zählbares herausspringen könnte. 25:28 lag der Bergische HC zurück, setzte taktisch alles auf eine Karte – und wurde belohnt. Mads Andersen traf in letzter Sekunde mit einem spektakulär improvisierten Wurf zum 29:28 (16:14)-Sieg, der erneut alle Dämme in der Wuppertaler Unihalle brechen ließ.
Denn es war nicht das erste Mal, dass der Däne per „Buzzer-Beater“ zum Helden des Abends wurde. Vor exakt fünf Wochen traf der 26-Jährige gegen die MT Melsungen zum 32:31 per direkt verwandeltem Freiwurf nach dem Schlusspfiff. Diesmal machte er es aus dem Spiel heraus, wobei der Abschluss erneut absolute Präzision erforderte. Andersen sah die Lücke in der Deckung und überwand Johannes Bitter mit einem Aufsetzer. Ein nicht mehr für möglich gehaltenes Ende.
Mannschaft ergreift letzten Strohhalm
Denn als Azat Valiullin in der 57. Minute auf 28:25 für die Hanseaten gestellt hatte, schien die Partie bereits entschieden zu sein. BHC-Coach Jamal Naji nahm seine letzte Auszeit und stellte um. Im Angriff verließ Torhüter Peter Johannesson den Kasten, um durch den siebten Feldspieler zum Erfolg zu kommen, defensiv setzte der Trainer auf eine 3:2:1-Deckung. Es war so etwas wie der letzte Strohhalm, nach dem die Mannschaft nun mit aller Entschlossenheit griff.
Die Abwehrvariante funktionierte, Johannesson hielt, was zu halten war, und offensiv funktionierte plötzlich alles. Aron Seesing verkürzte auf 26:28, im nächsten Angriff blieb Tim Nothdurft beim Abschluss von außen cool. Und wieder war Johannesson zur Stelle, so dass die „Löwen“ bei noch mehr als einer Minute Restzeit die Chance zum Ausgleich hatten. Eloy Morante Maldonado übernahm die Verantwortung. Sein 28:28 sorgte bei den knapp 2.500 Zuschauern in der Unihalle für eine Eruption, die nur einen Vorgeschmack auf das Ende darstellen sollte.
Valullin scheitert per Heber
Würde der BHC noch einmal den Ball gewinnen? Ja, denn Valullin scheiterte per Heber – die Kugel landete auf dem statt im Gehäuse. Damit war die Bühne frei für Mads Andersen, und dass sich der darauf wohlfühlt, ist spätestens seit diesem „Buzzer-Beater“ sicher.
BHC-Coach Jamal Naji: „Es war ein verrücktes Spiel, ich weiß noch nicht genau, was hier passiert ist. Wir müssen mit plus fünf oder sechs aus der ersten Halbzeit hinausgehen. Gefühlt waren wir dominant. Wir kommen dann gut aus der Pause und sind mit vier Toren vorne, haben dann aber einen 0:7-Lauf. Das ist inakzeptabel, das ist nicht gut. In der Phase nehmen wir drei, vier absolute Kirmes-Würfe, die wir uns nicht erlauben dürfen. Das ist undiszipliniert. Dann ist es aber fantastisch, was wir daraus machen. Ich höre von der Bank zwei Mal, dass alles möglich sei. Es geht alles auf.“ J
- Bergischer HC: Johannesson, Oberosler – Beyer (1), Nothdurft (3), Andersen (2), Stutzke (4), Morante (1), Babak, Arnesson (7/4), Ladefoged (3), Seesing (3), Santos, M’Bengue, Scholtes (4), Fraatz (1), Gunnarsson.