Der Begriff „Achterbahnfahrt“ beschreibt die Handball-Bundesliga-Partie des Bergischen HC bei der TSV Hannover-Burgdorf absolut treffend. Und in der Tat: Eine verrückte Schlussphase komplettierte die wilde „Löwen“-Fahrt, die mit einem 30:30 endete. Ein Punkt, mit dem der BHC angesichts einer furiosen Aufholjagd in den letzten 65 Sekunden wohl deutlich besser leben kann als die Gastgeber.
Held des Tages war ausgerechnet Arnor Gunnarsson, der am heutigen Freitag (23. Oktober) 33 Jahre alt wird und nach einem vergebenen Siebenmeter in den letzten Sekunden gegen die HSG Wetzlar am letzten Spieltag diesmal cool blieb und zum Remis verwandelte.
Stark aufspielender Tomas Babak
In der ersten Halbzeit hatte es noch gar nicht nach einer so dramatischen Begegnung ausgesehen. Zwei 4:0-Läufe bescherten den „Löwen“ angeführt vom stark aufspielenden Tomas Babak eine zwischenzeitliche 17:12-Führung. Tom Kare Nikolaisen vertrat Max Darj, der aufgrund eines grippalen Infekts (zwei negative Covid-19-Testungen) im Bergischen Land geblieben war, sehr ordentlich. Nicht nur machte er einen guten Job in der Deckung, er zeigte sich auch abschlusssicher, wenn er den Ball am Kreis bekam.
Den Vorsprung gaben die Bergischen nach Wiederanpfiff allerdings schnell aus der Hand. Hannover hatte nun deutlich weniger Probleme, zu guten Abschlüssen zu kommen, und für einige Minuten verloren die Gäste in der mit 1.635 Zuschauern gefüllten Halle den Faden. Dennoch: Die „Löwen“ kämpften nicht nur, sie fanden auch zu ihrer Stärke zurück. War es in der ersten Halbzeit noch Maciej Majdzinski, der aus dem Rückraum traf, übernahm in der zweiten Hälfte David Schmidt die Verantwortung. Mit voller Überzeugung tankte sich der Rückraumspieler durch und erzielte alle BHC-Treffer vom 23:23 bis zur 26:24-Führung.
69 Sekunden vor Schluss schien das Spiel verloren
Doch auch dieser Vorsprung hielt nicht. Stattdessen übernahm Hannover in der wilden Hälfte wieder das Kommando und schien die Partie durch den neunfachen Torschützen Fabian Böhm für sich zu entscheiden. Böhm versenkte zum 29:27 und 69 Sekunden vor Schluss sogar 30:27. In diesen Sekunden hat wohl sogar der größte Optimist keinen Cent mehr auf den BHC gesetzt.
Der allerdings machte weiter, traf blitzschnell durch Tomas Babak zum 28:30 und veränderte die Abwehr auf eine offensive Manndeckung, die letztlich aber Wurffallen stellen musste. Gleich zwei Mal durften die Gastgeber frei aus sechs Metern abschließen, doch Tomas Mrkva im BHC-Tor parierte zwei Mal völlig frei. Zunächst traf erneut Babak zum Anschluss, dann tankte sich Sekunden vor dem Ende Schmidt durch und holte einen Siebenmeter heraus. Mit dem Unterschied von ein paar Sekunden wiederholte sich an dieser Stelle der Spielverlauf gegen die HSG Wetzlar.
Erleichterung trotz isländischer Coolness
Arnor Gunnarsson war es, der wie gegen die Mittelhessen die Chance hatte, eine Aufholjagd mit dem Ausgleich per Siebenmeter zu krönen. Gegen Wetzlar hätte der Isländer das 21:21 erzielen können, vergab aber die große Gelegenheit – und die HSG gewann 22:20. Gegen Hannover hatte der Isländer nun wieder die letzte Aktion. Und er behielt die Nerven. Als der Ball zum 30:30 und damit zu einem nicht mehr für möglich gehaltenen Punkt in den Maschen einschlug, feierten die Bergischen dies wie einen Sieg. Und Gunnarsson? Dem war trotz seiner isländischen Coolness die Erleichterung anzumerken.
„Die Jungs haben bis zum Ende daran geglaubt, Zählbares zu holen.“
(BHC-Trainer Sebastian Hinze)
BHC-Cheftrainer Sebastian Hinze: „Ich bin natürlich sehr zufrieden mit dem Punkt. Für meine Jungs ist es aber sehr verdient, weil ich schon finde, dass wir 40 Minuten ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht haben. Der Unterschied in der zweiten Halbzeit war, dass wir es nicht geschafft haben, das Tempospiel aufzuziehen. In der ersten Halbzeit machen wir das gut und kreieren viele Chancen, auch aus der zweiten Welle. In der zweiten Halbzeit sind wir da nicht effektiv genug und machen da leider wieder Fehler. Trotzdem haben die Jungs bis zum Ende daran geglaubt, hier noch was Zählbares zu holen.“
- Bergischer HC: Rudeck (1), Mrkva – Boomhouwer (4), Damm, Gutbrod (2), Fontaine, Stutzke, Babak (6), Szücs, Nikolaisen (3), Bergner, Schmidt (5), Majdzinski (4), Johannsson, Gunnarsso, Fraatz.