Fahrerassistenzsysteme wie adaptive Tempomaten gehören heute zum Standard moderner Fahrzeuge. Sie unterstützen Fahrerinnen und Fahrer, indem sie Geschwindigkeit und Abstand automatisch regulieren, doch perfekt sind sie noch lange nicht. Genau hier setzt die Forschung der Bergischen Universität Wuppertal an. Mit dem Projekt „SmartACC“ entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Algorithmen, um Assistenzsysteme leistungsfähiger zu machen. Ziel ist es, sowohl die Verkehrssicherheit als auch den Umweltschutz maßgeblich zu verbessern.
Stop-and-Go: Herausforderung für aktuelle Systeme
Abstands- und Geschwindigkeitsregelsysteme, auch Adaptive Cruise Control (ACC) genannt, basieren auf Sensoren, die Abstände zu anderen Fahrzeugen messen und entsprechend reagieren. Sie sollen menschliche Fehler wie Ablenkung oder unüberlegte Entscheidungen minimieren. Dennoch bleiben aktuelle Systeme oft hinter den Erwartungen zurück. Experimente mit Fahrzeugen im Assistenzmodus zeigen, dass zeitliche Verzögerungen in der Signalverarbeitung zu stockendem Verkehr führen können. Anstatt den Verkehrsfluss zu stabilisieren, entstehen sogenannte Stop-and-Go-Wellen, die Staus begünstigen und den Kraftstoffverbrauch erhöhen.
Neue Algorithmen für stabile Verkehrsflüsse
Im Zentrum des Projekts „SmartACC“ stehen robuste Algorithmen, die ACC-Systeme präziser steuern sollen. Kern der Forschung ist die sogenannte Konstante-Zeitabstands-Strategie. Dabei wird der Abstand zwischen Fahrzeugen so geregelt, dass er proportional zur Geschwindigkeit größer wird. Dies reduziert das Risiko von Auffahrunfällen und sorgt für einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss.
Die Wuppertaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln zusätzlich eine dynamische Anpassung des Zeitabstands, um besser auf unvorhergesehene Einflüsse wie schlechte Wetterbedingungen reagieren zu können. Eine besondere Herausforderung stellt dabei stochastisches Rauschen dar, beispielsweise durch Sensorausfälle bei dichtem Schneetreiben.
Praxisnahe Tests mit Mini-Autos und Virtual Reality
Neben theoretischen Simulationen am Computer plant das Forschungsteam auch praktische Experimente. Dabei sollen bis zu 40 Mini-Autos, gesteuert von den neuen Algorithmen, auf einer Rundstrecke getestet werden. Ziel ist es, längere störungsfreie Fahrten zu ermöglichen und die Modelle kontinuierlich zu verbessern.
Zusätzlich kommen Fahrsimulatoren und Virtual-Reality-Anwendungen zum Einsatz, um die neuen Systeme unter realistischen Bedingungen zu prüfen. Dabei wird nicht nur die Effizienz, sondern auch der Fahrkomfort untersucht. Die Systeme sollen sowohl sicherer als auch angenehmer für die Nutzerinnen und Nutzer werden.
Mehr Sicherheit und Umweltschutz als langfristiges Ziel
Ein erfolgreicher Abschluss des Projekts könnte die Grundlage für eine neue Generation von Fahrerassistenzsystemen schaffen. Diese würden nicht nur die Anzahl der Unfälle reduzieren, sondern auch den Kraftstoffverbrauch senken und die Umweltbelastung verringern. Weniger abruptes Bremsen und Beschleunigen bedeutet weniger Energieverlust und damit weniger Emissionen.
Strategische Förderung
Das Projekt „SmartACC“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über einen Zeitraum von zwei Jahren mit 285.000 Euro gefördert. Es setzt auf Erkenntnisse aus der Elektrotechnik, Verkehrssicherheitsforschung und modernen Fahrzeugtechnologien, um bestehende Standards weiterzuentwickeln.
Mit der Konstante-Zeitabstands-Strategie orientiert sich die Forschung an international anerkannten Normen wie der ISO 15622. Diese empfiehlt Zeitabstände zwischen 0,8 und 2,2 Sekunden, wobei der ADAC für den alltäglichen Verkehr einen Wert von 1,8 Sekunden als ideal ansieht.
Vertrauen in autonome Fahrtechnologien stärken
Das Projekt „SmartACC“ verdeutlicht, wie wichtig interdisziplinäre Ansätze für die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen sind. Es verbindet Grundlagenforschung mit praktischen Anwendungen und hat das Potenzial, einen wesentlichen Beitrag zur Mobilität der Zukunft zu leisten. Die Ergebnisse könnten nicht nur den Weg zu sichereren Straßen ebnen, sondern auch das Vertrauen in autonome Fahrtechnologien stärken.