Bereits Ende Oktober hatte eine Umfrage unter 643 Intensivmedizinern der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin (DGIIN) ergeben:
Immer mehr Betten auf Deutschen Intensivstationen sind gesperrt und stehen nicht mehr zur Verfügung!
„Dahinter steckt keine böse Absicht – es fehlt schlicht das geschulte Pflegepersonal!“, so Professor Uwe Janssens, Chefarzt für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler. Die schon vor Corona nachweisbaren Probleme in der Intensivmedizin haben sich verstärkt. „Die zurückliegenden, zermürbenden Monate haben zu einer Verschlechterung der Stimmung und zu weiteren Kündigungen von Stammpflegekräften geführt!“.
Da nun in der vierten Welle der Pandemie mit einer spürbaren Einschränkung in der Versorgung der Bevölkerung zu rechnen ist, hat das DIVI am 14. November einen Kriterienkatalog zur Intensiv-Verlegung von COVID-19-Patienten veröffentlicht.
Schon seit Ende 2020 setzt Deutschland auf das sogenannte Kleeblatt-Prinzip: Sind Krankenhäuser einer Region überlastet, werden Patienten in weniger betroffene Gebiete verlegt – auch in andere Bundesländer. So sollen vorhandene Kapazitäten genutzt werden, um „jeden Patienten adäquat zu versorgen und NIEMALS Patienten priorisieren zu müssen, selbst wenn es lokal zu Engpässen kommt“, erklärte das Robert-Koch-Institut (RKI).
Besonders Intensiv-Verlegungen bedürfen wegen der Patientensicherheit einer sorgfältigen Abwägung. Der Kriterienkatalog „Empfehlung für strategische Patientenverlegung im Kleeblattkonzept“ mit der Aufteilung in die Gebiete Nord, Ost, Süd, West und Südwest, soll hierbei helfen.
„In der Empfehlung haben wir Verlegungskriterien und mögliche Ein- und Ausschlusskriterien dargestellt, die individuelle Arztentscheidungen in dieser schwierigen Situation unterstützen können“, erklärt Professor Jan-Thorsten Gräsner, Direktor des Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Delegierter der DIVI-Fachgruppe Anästhesiologie. „Gemeinsam mit Kollegen in der Fachgruppe Intensivmedizin, Infektiologie und Notfallmedizin (COVRIIN) am Robert-Koch-Institut haben wir den Katalog im Frühsommer dieses Jahres entwickelt und bundesweit mit den verantwortlichen Ärztinnen und Ärzten in den „Kleeblattstrukturen“ der 16 Bundesländer abgestimmt.“
Der Kriterienkatalog erleichtert zudem die Kommunikation zwischen suchenden und aufnehmenden Kliniken, betont Jan-Thorsten Gräsner und mahnt, die eigenen Kapazitäten im Auge zu behalten: „Um aufnehmende Regionen nicht zu überfordern, müssen strategische Verlegungen frühzeitig auf Basis von prognostizierten Überlastungssituationen geplant werden“.