Kommentar von Manfred Alberti
Oberbürgermeister Prof. Dr. Schneidewind hat seinen Willen durchgesetzt. Doch der Traum, dass die „BUGA ein großer Schub für die Stadtentwicklung in Wuppertal wird“, zerbricht an der harten Realität des beschlossenen Durchführungsvertrages: „Die Stadt Wuppertal bzw. in der Stadt Wuppertal sind verschiedene Projekte konzipiert, die ebenfalls in den Zusammenhang mit der BUGA 2031 gestellt werden sollen. Diese Projekte werden begrifflich als „BUGA +“ zusammengefasst. … Etwaige dauerhafte, baulich-investive Maßnahmen außerhalb der Kernareale sind nicht Gegenstand dieses Vertrags, sondern werden von der Stadt Wuppertal umgesetzt.“
Also wird es mit den BUGA-Millionen keine Fortschritte für die Stadtstruktur in der ganzen Stadt geben, sondern nur in Vohwinkel und Sonnborn, wenn überhaupt. Und jetzt nach der Verabschiedung der Verträge werden langsam die Nachteile der BUGA öffentlich. Nicht einmal die Zoosäle im Kernareal Zoo werden bis 2031 saniert werden können und die Verwaltung sieht sich schon heute wegen des Fachkräftemangels total überfordert und soll dann noch zusammen mit einigen Neueinstellungen die BUGA managen.
Der Oberbürgermeister ist der Gewinner nach einer langen Auseinandersetzung über die BUGA31. Aber wo Gewinner sind, gibt es auch Verlierer. Und das dürften in Wuppertal nicht wenige sein.
1.) Verlierer: Die Wuppertaler
Zwei Drittel der Wuppertaler haben sich nicht am Bürgerentscheid beteiligt: Eine BUGA ist für sie einfach uninteressant. Zusammen mit den 17 Prozent ausdrücklicher Gegner der BUGA sind das über achtzig Prozent der Wuppertaler. Doch trotz dieses eindeutigen Votums hat der Stadtrat die BUGA beschlossen: Achtzig Prozent der Bürger scheinen für die Parteien und den OB einfach unwichtig zu sein. Ein demokratisches Ernstnehmen der Bürger sieht anders aus.
2.) Verlierer: Die demokratische Kultur in Wuppertal
Argumente und Gegenargumente wurden nicht öffentlich ausgetauscht und mit den Bürgern diskutiert. Gegenargumente und Probleme gegen die BUGA tauchten so gut wie nicht in der Presse und bei den großen Parteien auf. Sie waren damit für die Bürger unsichtbar.
Beim Bürgerentscheid wurden nur die Sorgen der Königshöhe als Egoismus für den eigenen Wald dargestellt, alle anderen Argumente gegen die BUGA wurden einfach ignoriert. Stadt und Presse haben die Bürger einseitig irregeführt. Demokratie erfordert aber gut informierte Bürger, erst recht bei einem Bürgerentscheid.
3.) Verlierer: Die ärmeren Wuppertaler
Die Wuppertaler mit Hartz IV oder mit sehr kleinem Verdienst und Renten werden 2031 sicher kein Geld haben, die Eintrittskarten in die BUGA für 30 oder 40 Euro bezahlen zu können. Aber sie werden besonders darunter leiden, dass die Stadt 80 Mio. € Eigenbeitrag für diese BUGA aufbringen muss. Denn diese 80 Mio. € müssen den frei verfügbaren Mitteln im Stadtetat entnommen werden, so dass die Gelder für Schulrenovierungen, KITAs, Vereine, Sport, Kultur, Bezirke etc. eigentlich bis 2031 um zehn Prozent (7 Mio. € jährlich) gekürzt werden müssten. Doch für die nächsten Jahre sind nur jeweils zwei bis drei Mio. € vorgesehen.
80 Mio. € für eine BUGA sind eine Verhöhnung der sozialen Situation der meisten Wuppertaler.
4.) Verlierer: Die Generation unserer Kinder und Enkel
Da die Stadt voraussichtlich bis 2031 nur einen kleinen Teil der 80 Mio. € BUGA – Eigenbeitrag aufbringen kann, wird ab 2032 die Generation unserer Kinder und Enkel die Schulden für die BUGA 2031 abtragen müssen. Zwar wäre es okay, wenn für die Zukunft sehr nutzvolle Investitionen von den Generationen bezahlt würden, die den Nutzen haben. Doch die BUGA mit Ihren Kernarealen bringt fast keine nachhaltigen Verbesserungen für die Stadtstruktur, die eine Ausgabe von 80 Mio. € auch nur ansatzweise rechtfertigen würden.
Welche Eltern würden sich eine teure Kreuzfahrt erlauben und die Kosten ihre Kinder tragen lassen? Der Oberbürgermeister, die Politik und die Verwaltung gehen aber so unverantwortlich mit der nächsten Generation um.
5.) Verlierer: Die Stadtstruktur in Wuppertal
Den Bezirksvertretungen und Bürgervereinen hat der Oberbürgermeister die Hoffnung gemacht, dass ihre Vorschläge für Projekte in ihrem Bezirk durch die BUGA bezahlt werden könnten. So würde ganz Wuppertal profitieren können.
Allerdings fließen bei BUGAs die Investitionen ausschließlich in die eintrittspflichtigen Bereiche der Kernareale. Das legt der Durchführungsvertrag ausdrücklich in seiner Präambel fest. Keine Radrundstrecke, kein Bürgerpark irgendwo können dadurch finanziert werden, nicht einmal eine Aufhübschung der historischen Parkanlagen auf den Wuppertaler Höhen.
Die Stadtstruktur in Wuppertal wird außerhalb Vohwinkels und Sonnborns keinerlei Vorteile und Fortschritte durch die BUGA haben. Wo da der dauernd als Begründung für die BUGA genannte „große Schub für die Stadtentwicklung“ herkommen soll, bleibt ein Rätsel des OB und der Stadtspitze.
6.) Verlierer: Die Verwaltung
Zwar sollen für die BUGA neue Mitarbeiter eingestellt werden, aber etliche Aufgaben werden offiziell auch durch die normalen Verwaltungsmitarbeiter zusätzlich zu ihrer täglichen Arbeit zu schultern sein. Deshalb müssen übliche Tagesgeschäfte zurückstehen mit ärgerlichen Konsequenzen für die Bürger, die u.a. auf Planungen und Genehmigungsverfahren nun noch länger warten müssen. Der Druck auf Verwaltung und Politik ist gewollt: Durch den Termindruck der BUGA sollten Verbesserungen der Stadtstruktur erzwungenermaßen durchgesetzt werden, ohne dass Politik und Verwaltung Entscheidungen immer wieder verschieben können. Doch da die BUGA sich nur auf die Kernareale bezieht, werden jetzt die Verbesserungen der Stadtstruktur hintanstehen müssen.
7.) Verlierer: Die Bürgervereine und Bezirksvertretungen
Die Bezirksvertretungen und Bürgervereine haben vermutlich nicht im Geringsten geahnt, dass sie durch ihr Votum für die BUGA ihre eigenen Träume selbst zerstören würden. Denn nun müsste die Stadt Wuppertal neben den 80 Mio. € für die BUGA Areale zusätzlich das Geld für die Vorschläge der Bürgervereine aufbringen. Ob das bei der Vorrangigkeit der 80 Mio. € BUGA klappen wird, ist sehr fraglich. Ohne BUGA hätte Wuppertal alle diese vorgeschlagenen Projekte viel leichter weit vor 2031 selbst finanzieren können.
Mit der Täuschung der Bürgervereine und Bezirksvertretungen hat der Oberbürgermeister erfolgreich um Stimmen für die BUGA geworben und so vermutlich entscheidend den Bürgerentscheid beeinflusst.
8.) Verlierer: Die Wuppertaler Wirtschaft
Würde die Stadt 80 Mio. € auf eigene Faust ausgeben, würden vermutlich Wuppertaler Betriebe, Architekten- und Gutachterbüros die meisten Aufträge bekommen. BUGA-Aufträge dagegen dürften meist an auswärtige Firmen gehen, die mit der BUGA-Gesellschaft seit langem verbunden sind, wie schon die Machbarkeitsstudien und die Vertragsverhandlungen.
9.) Verlierer: Der Tourismus
Einer Verbesserung der Bekanntheit Wuppertals und als erhoffte Folge davon eine Ankurbelung des Tourismus sind zentrale Ziele der BUGA 2031. Sinnvoller und viel nachhaltiger wären baldige direkte Investitionen in die Tourismusstruktur: Z.B. Ein Tourismusexperte, der die vielen handwerklichen Schwächen und Fehler im Wuppertaler Tourismus beheben kann und ein nachhaltiges Tourismuskonzept entwickelt.
10.) Verlierer: Sonnborner und Vohwinkler Bürger
Die heute schon überlastete Kaiserstraße und das Zooviertel werden in den Verkehrsströmen der BUGA ertrinken. Und da bewusst keine Parkplätze außer dem Zoo-Parkhaus neu angelegt werden sollen, werden täglich tausende Besucher die Straßenränder mit ihren Autos zuparken. Für täglich 3000 Autos werden 15000 Meter Straßenrand als Parkfläche benötigt. Wo mittags dann die Anwohner einen freien Parkplatz finden sollen, ist ein ungelöstes Rätsel. 180 Tage lang haben die Besucher Zugriff auf die Parkmöglichkeiten im Westen und die Anwohner sind die Verlierer. Und: Ein neu angestrichener Bahnhof und ein Hundeauslaufpark im Tescher Loch werden die einzigen „Vorteile“ für Vohwinkel sein.
11.) Verlierer: BUGA-Gesellschaft
Die BUGA-Gesellschaft kann sicher hinter den Eintrittszäunen eine hervorragende BUGA gestalten: Die ärgerlichen schlechten Rahmenbedingungen in Wuppertal (staureiche Zufahrt für Busse und Autos, fehlende Parkplätze, abseits gelegenes Hauptareal Tescher Loch) werden in der überregionalen Presse oft thematisiert werden, dem Image der BUGA enorm schaden und sicher die Besucherzahl reduzieren.
12.) Verlierer: OB Schneidewind
Durch die Täuschung der engagierten Wuppertaler Bürgervereine und Bezirksvertretungen und durch die Durchsetzung der BUGA gegen den offensichtlichen Willen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung hat der OB viel von seiner Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Die Präambel des Durchführungsvertrags sagt eindeutig, dass nichts von den Vorschlägen in den Bezirken durch die BUGA finanziert, begleitet oder unterstützt wird. Das muss Wuppertal alleine zusätzlich zu den ca. 80 Mio. € Wuppertaler Eigenmittel schultern.
Vielleicht hat Wuppertal das gleiche Glück wie Rostock, dass nach der nächsten Kommunalwahl 2025 die BUGA31 von einer neuen Stadtspitze kritisch durchleuchtet wird und dann der Stadtrat die BUGA als undurchführbar absagt.
Manfred Alberti