Die deutsche Justiz führt derzeit Tausende teils absurde Strafverfahren wegen Subventionsbetrugs gegen Selbstständige, die im Frühjahr 2020 Corona-Soforthilfen beantragt hatten.
Jetzt macht ein Urteil des Landgerichts Wuppertal Hoffnung, bei dem es um mehrere Vorwürfe ging, die auch für viele andere dieser Verfahren typisch sind:
- Es habe keine hauptberufliche Selbstständigkeit vorgelegen,
- die Soforthilfe sei mehrfach beantragt worden,
- statt Geschäftskonto und Firmenadresse seien Privatkonto und -adresse angegeben worden.
Das Amtsgericht Solingen bestätigte zunächst die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und verurteilte die Betreiberin zweier Kosmetikstudios nicht nur zur Rückzahlung von 9.000,- Euro Soforthilfe, sondern auch zu einer Geldstrafe von 10.800,- Euro.
Aber der Reihe nach:
Die alleinerziehende Mutter hatte sich kurz vor Beginn der Coronakrise nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes selbstständig gemacht und zusätzlich – um die hohen Anfangskosten zu finanzieren – eine zeitlich befristete Anstellung angenommen.
Das Geschäft lief gut an, dann kam der Lockdown. Den Versprechungen der Politik und Auskünften ihrer Handwerkskammer folgend, beantragte sie für beide Studios Soforthilfe, erhielt diese in einem Fall, um die weiterlaufenden Kosten zu decken.
Dann geht alles ganz schnell: Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft, monatelange Sperrung aller Bankkonten, Anklage wegen Subventionsbetrugs, am 23.03.2021 schließlich die Verurteilung durch das Solinger Gericht, mit welcher die Frau als vorbestraft gegolten hätte.
Glücklicherweise studiert die ältere der Töchter Jura und überzeugt die Mutter, in Berufung zu gehen, die Hauptverhandlung fand am 07. Oktober statt – mit erfreulichem Ergebnis! Denn das Landgericht Wuppertal beschäftige sich in der zweiten Instanz sehr viel ausführlicher mit dem Fall und kam zum genau entgegengesetzten Urteil, das nun seit wenigen Tagen vorliegt: Freispruch erster Klasse, keine Geldstrafe, Soforthilfe darf behalten werden, Tadel für die Staatsanwaltschaft.
Allerdings will die Staatsanwaltschaft dies nicht akzeptieren und kündigte Revision an. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) e.V. beteiligt sich hier an den Anwaltskosten, da die Vorwürfe denen vieler anderer Fälle gleichen und ein Freispruch für die Betroffene von großer Bedeutung für alle kleinen Unternehmen wäre.
Man darf nun gespannt sein, wie es in der dritten Instanz weitergeht.