Nachdem die Stadt Köln vergangene Woche erklärt hatte, dass Moscheen bei einem auf zwei Jahre befristeten Modellprojekt künftig ihre Gläubigen zum mittäglichen Freitagsgebet rufen dürften, gab es teils Zustimmung, aber auch harsche Kritik an diesem Vorhaben.
Kölns parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker musste sich den Vorwurf „falscher Symbolpolitik“ gefallen lassen.
Auf Twitter hatte die 64-jährige am 9. Oktober geschrieben:
„Köln ist die Stadt der (religiösen) Freiheit & Vielfalt, wer am Hbf ankommt, wird vom Dom begrüßt und von Kirchengeläut begleitet. Viele KölnerInnen sind Muslime. Den Muezzin-Ruf zu erlauben ist für mich ein Zeichen des Respekts“.
https://twitter.com/HenrietteReker
Dem entgegnete Daniel Cremer in einem Kommentar auf „Bild“: „Liebe Frau Reker, für mich als schwulen Mann, als gebürtigen Kölner, sind Ihre Worte blanker Hohn.“ Er gab zu bedenken, dass
beispielsweise die Ditib-Zentralmoschee in Köln dem türkischen Autokraten Erdogan unterstehe, zahlreiche ihrer Imane unter Islamismus-Verdacht stünden und die Organisation sich mit der Gleichberechtigung von Frauen schwertue, sich gegen die Rechte der LGBTIQ-Community stelle und Antisemitismus verbreite.
Ebenfalls in der „Bild“-Zeitung äußerte sich CSU-Vizegeneralsekretär Florian Hahn: „In Bayern wollen wir solche Modellversuche jedenfalls nicht. Sie sind nicht Teil unserer abendländischen Tradition.“
Domradio.de zitierte den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, der genau wie Reker den Ruf zum Freitagsgebet für einen Ausdruck von Respekt hält und laut der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärt hatte, der Muezzin-Ruf sei integraler Bestandteil muslimischen Gebets und eine Selbstverständlichkeit in vielen Ländern Europas sowie den USA. So, wie es in vielen muslimischen Ländern Glockengeläut gebe, werde der muslimische Ruf zum Gebet als „Ausdruck des Respekts für unsere im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit in der rheinischen Metropole praktiziert“, so Mazyek.
Auch Bülent Ucar, Professor für islamische Theologie am Osnabrücker Islaminstitut bezeichnete die Entscheidung der Stadt Köln als überfällig. „Der Muezzinruf am Freitag macht die religiöse Pluralisierung in Deutschland sichtbar. Einer Stadt wie Köln tut das gut. Andere Städte praktizieren es ja auch bereits.“ – und ergänzte: „In Istanbul läuten die Kirchenglocken täglich.“