Das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) des Landschaftsverbandes Rheimland (LVR) widmet sich mit seinen unterschiedlichen Disziplinen der Erforschung der Alltagskultur in der Region. Aktuell beobachten die Fachleute in ihrem Projekt „Alltag in der Krise – die Krise im Alltag“ unter anderem das Phänomen des „Toilettenpapier-Hamsterns“.
Dagmar Hänel, die Leiterin des ILR, erläutert das ungewöhnliche Verhalten einer großen Zahl von Menschen. „Das sogenannte Hamstern von ausgerechnet Toilettenpapier ist ein sehr vielschichtiges Zeichen für ein weit verbreitetes Verhalten in einer Krise. Dabei steht das Produkt am Ende einer (…) Entscheidungskette von Menschen, die gerade extrem verunsichert sind. (…) Begriffe wie Quarantäne oder Ausgangssperre erzeugen Bilder von Menschen, die eingesperrt sind, vom Zusammenbruch der Daseinsvorsorge. Wer solche Vorstellungen hat, versucht über Hamsterkäufe von Wasser, haltbaren Lebensmitteln und auch Toilettenpapier ein Gefühl von Sicherheit für sich herzustellen“, sagt die promovierte LVR-Kulturanthropologin.
Das Toilettenpapier-Hamstern, so Hänel weiter, sei gar nicht so typisch deutsch, es finde sich auch in asiatischen Ländern, bei unseren europäischen Nachbarn, in den USA und Australien. „Diese Aufwertung von Toilettenpapier in Zeiten der Krise ist ein globales Phänomen, ich sehe hier Bezüge zu einer allgemeinen symbolischen Bedeutung von Toilettenpapier. Denn Toilettenpapier hat eine Funktion, es geht um die Herstellung elementarer Körperhygiene, um Vorstellungen von Reinheit und Sauberkeit.“ Und diese Vorstellungen seien wichtig für die symbolische Herstellung von Sicherheit, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung als zentrale Elemente unserer Identität.
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