CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber gab der „Frankfurter Neuen Presse“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Cornelie Barthelme.
Frage: Pfiffe und Tomaten gegen die Kanzlerin: Herr Tauber, was ist da los in dem Teil der Republik, aus dem Angela Merkel stammt?
Tauber: In unserer Welt verändert sich viel. Das spüren wir alle. Und das macht Manchen auch Ängste und Sorgen. Und dafür müssen Politiker ein offenes Ohr haben. Wer aber nur rumschreit und „Volksverräter“ brüllt, dem geht es nicht um Sorgen. Solche Leute akzeptieren unsere demokratischen Spielregeln nicht. Und die gibt es im Westen wie im Osten. Wichtig sind die, die wissen wollen, wo's hingeht, und ihre Fragen und Sorgen wirklich diskutieren wollen.
Frage: Was der Kanzlerin auf den Plätzen – eben doch vor allem im Osten – entgegenschlägt, fühlt sich nach blinder Wut an. Haben Ihre Ministerpräsidenten Tillich und Haseloff sie davor eigentlich nicht gewarnt?
Tauber: Stanislaw Tillich hat auf einer Veranstaltung, bei der ich Angela Merkel begleitet habe, sehr deutlich gesagt, was er von diesen wütend Schreienden hält – und dass sie nicht für die Sachsen insgesamt stehen.
Frage: War vor der Kanzlerin-Tour einfach nicht klar, dass der Protest so krass werden könnte?
Tauber: Man sollte jetzt auch kein falsches Bild zeichnen: Da stehen 50 oder 100 Schreihälse, die halten ein AfD-Plakat hoch und zeigen an anderer Stelle ihre rechtsextreme Gesinnung. Aber da stehen auch mehrere tausend ganz normale Leute. Und die haben Anspruch darauf, dass über sie geredet und berichtet wird – und nicht nur über die Schreier.
Frage: Sie geben sich sehr gelassen, verglichen mit ihrer Schwesterpartei. Die CSU ist in Sachen AfD gerade auf dem Paniktrip…
Tauber: Nein, überhaupt nicht! Andreas Scheuer hat das neulich im Fernsehen ja sehr deutlich gesagt: Den Rechtsradikalen darf man keinen Meter Boden preisgeben. Aber das macht man nicht, indem man verzagt schaut, sondern indem man sagt: Das ist unsere Republik. Schwarz-Rot-Gold sind unsere Farben, wir sind stolz auf sie und verteidigen die Werte, für die diese Farben stehen.
Frage: Und was ist mit denen in München, die nicht ganz so cool reagieren?
Tauber: Je mehr wir über die AfD sprechen, umso mehr betreiben wir deren Geschäft.
Frage: Zusammengenommen ist das natürlich Jammern auf hohem Niveau – denn die Union führt laut Umfragen haushoch vor der SPD…
Tauber: …für die letzten Tage ein guter Ausgangspunkt, klar. Aber entschieden ist noch nichts. Deshalb kämpfen wir weiter um jeder Stimme. Herr Schulz liebäugelt mit Rot-Rot-Grün, Herr Lindner zeigt sich offen für eine Ampel. Deshalb gilt: Wer Angela Merkel als Kanzlerin will, muss CDU wählen.
Frage: Klingt ein wenig, als machten Sie sich zumindest Sorgen, dass zu viele Unionswähler daheim bleiben, weil sie sich sagen, dass Merkel das Ding ja ohnehin gewinnt.
Tauber: Richtig, das ist eine Herausforderung. Die andere: dass Anhänger von uns aufgrund irgendwelcher Wunschkoalitionen ihr Kreuz woanders machen. Wir haben aber keine einzige Stimme zu verschenken.
Frage: Vielleicht haben die Leute ja Anlass zur Sorge in Sachen Koalitionspartner. Die CDU schickt verwirrende Signale: Herr Schäuble flirtet im Fernsehen wild mit Cem Özdemir – und Angela Merkel macht ebendort ihr Duell mit Herrn Schulz zum Duett.
Tauber: Am Ende kommt es auf die inhaltlichen Schnittmengen an. Die Energiewende mit den Grünen marktwirtschaftlich zu organisieren, ist echt schwierig. Und mit der FDP bei der inneren Sicherheit was auf die Beine zu bringen genauso.
Frage: Und bei der SPD ist alles ganz einfach, und deshalb folgt die nächste große Koalition?
Tauber: Wenn ich mir die Sozialdemokraten anschaue, habe ich das Gefühl, die brauchen dringend mal eine Erholungspause in der Opposition.
Frage: Dann ist ja alles noch einfacher. Frau Merkel erinnert sich, dass die FDP ihr geborener Partner ist.
Tauber: Wir haben mit den Liberalen viele Schnittmengen. Aber alles, was wir jetzt bei der inneren Sicherheit mit Mühe durchgebracht haben – es war ja auch mit der SPD ein harter Kampf –, wäre mit der FDP nur sehr schwer denkbar.
Frage: Haben Sie Herrn Lindner schon erklärt, wie stark er sich bewegen muss?
Tauber: Erst mal entscheiden die Wähler. Und danach schauen wir, mit wem wir unserer Ziele umsetzen können: bessere Unterstützung für Familien, Stärkung der ländlichen Regionen, Steuerentlastungen für alle. Die Inhalte entscheiden.
Frage: Für Horst Seehofer entscheiden – vielleicht auch, weil er die Obergrenze nicht kriegt von Angela Merkel – offensichtlich eher Personalia. Die CSU verspricht, dass Joachim Herrmann Innenminister wird. Räumt die CDU, räumt Thomas de Maizière kampflos das Feld?
Tauber: Um Köpfe geht’s doch erst ganz am Ende!
Frage: Und deshalb verspricht Herrmann den Bayern auch schon jetzt im Wahlkampf, dass er die Republik in den kommenden vier Jahren so sicher machen wird wie den Freistaat?
Tauber: Dass Joachim Herrmann ein erfolgreicher Innenminister ist und mit Thomas de Maizière gut zusammenarbeitet, das bestreitet doch keiner. Beide zeigen sehr deutlich, dass die innere Sicherheit bei der Union am besten aufgehoben ist.
Frage: Und warum schafft sie dann erst jetzt all die so dringend nötigen Stellen bei der Polizei – wo sie doch seit zwölf Jahren das Innenministerium hält?
Tauber: Wir haben die Zahl der Polizisten schon deutlich erhöht – wollen im Bund und in den Ländern aber nochmals 15000 neue Stellen schaffen.
Frage: Sie sagen den Wählern, dass Rot-Rot-Grün sie bei diesem Thema im Stich lassen wird. Beunruhigt Sie diese Koalition eigentlich trotz der Umfragewerte noch?
Tauber: Herr Schulz hält sich diese Option, die unserem Land sehr schaden würde, weiter offen. Wir sind die Einzigen, die sagen: weder mit der AfD noch mit den Linken. Die SPD eiert rum.
Frage: Was ist so schrecklich an den Linken?
Tauber: Sie sind bei der Wirtschafts-, Außen- und Sicherheitspolitik Lichtjahre von der Union entfernt. Und da haben wir über die unsägliche Verklärung des DDR-Unrechts noch gar nicht gesprochen.
Frage: Ist es klug, Linke und AfD ständig in einem Atemzug zu nennen und sie auf eine Stufe zu stellen?
Tauber: Wir haben immer klar gesagt: Mit den Rändern machen wir keine Politik – weder links noch rechts.
Frage: Sie weichen auf ein anderes Bild aus. Sie sagen Rand – es geht aber um die Ebene.
Tauber: Es sind doch die Medien, die der AfD den Mantel „Rechtspopulisten“ umhängen. Ich sage schon lange, ich halte die in weiten Teilen für rechtsextrem.
Frage: Aber die Linke ist nicht in weiten Teilen linksextrem, oder?
Tauber: Mir fallen da einige Beispiele für die Verharmlosung von Linksextremismus ein.
Frage: Am 24. um 18.01 Uhr sind Sie zufrieden, wenn…?
Tauber: …wir mit deutlichem Abstand vorne liegen und Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Und dann bin ich als Generalsekretär vor allem stolz auf unsere Ehrenamtlichen, die einen tollen Wahlkampf gemacht haben – ob an den Infoständen oder an den Haustüren.
Frage: Dann eben so: Worauf werden Sie mit Angela Merkel das Glas erheben – und was ist drin?
Tauber: Bei mir Spezi, weil ich fast nie Alkohol trinke.
Frage: Nicht mal auf 40 Prozent?
Tauber: Warten wir ab. Vielleicht lass’ ich mich zu einem Bier überreden.
Tauber: Wer Angela Merkel will, muss CDU wählen
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