Kommentar von Manfred Albterti
Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Fünf Monate nach dem endgültigen Stadtratsbeschluss 2021 zur Bundesgartenschau 2031, zwei Monate nach dem erfolgreichen Bürgerbegehren und ganze fünf Wochen vor dem Bürgerentscheid lädt der Lokalchef der einzigen Wuppertaler Tageszeitung höchstpersönlich seine Leser ein zu einer „Expedition“ in unbekanntes Terrain. Es geht nicht um ein neuentdecktes Urwalddorf am Amazonas sondern um das Hauptgelände der Wuppertaler Bundesgartenschau. Das heißt, so ganz beschreiben konnte er es nicht, da es sich größtenteils um Privatgelände handelt: Betreten Verboten. So konnte er auch die Widrigkeiten dieses Geländes nicht sehen. Zumindestens hat er nichts davon in seinem Artikel erwähnt.
Jetzt wäre es einmal interessant zu erfahren, wer von den abstimmenden Stadtverordneten schon einmal hier gewesen ist. Einer oder zwei? Oder keiner? Vermutlich stimmt letzteres, denn eine solch hässliche Fläche unten zwischen hohen Bahndämmen als für Wuppertal repräsentative einladende Hauptfläche einer Bundesgartenschau auszuwählen, kann man eigentlich nur tun, wenn man sie nie mit eigenen Augen gesehen hat.
Die Tescher Wiesen oberhalb wären ein ideales Gelände mit weitem Blick über Wuppertal gewesen, leichter sonniger Südhang, mit frischem Westwind, ein riesiges Areal, bestens geeignet für eine Bundesgartenschau. Doch der Landwirt hat diese Felder verständlicherweise nicht zur Verfügung gestellt. Und so ist halt nur der schäbige Rest als Notstopfen übriggeblieben: Unten im Tescher Loch zwischen hohen Bahndämmen eingeklemmt ein zerklüftetes, bergiges Gelände, überragt von Hochhäusern und neben einer Spedition. Weil das zu klein ist, hat man sich dann noch vom Investor Clees das langgestreckte ehemalige Lokschuppengelände gesichert: eingezwängt zwischen dem hohen Hang zur Tesche und der lauten ICE-Strecke.
Was für ein Skandal: Da werden weitreichende, millionenteure Beschlüsse gefasst und vermutlich haben die meisten Verantwortlichen nicht einmal geahnt, worüber sie hier abstimmen. Dass dieses Gelände kein für Wuppertal repräsentatives Gebiet ist, das Touristen anlocken könnte, habe ich seit Beginn der Diskussion so oft erwähnt. Keinerlei Reaktion. Kritik wurde und wird nicht gehört. Vor langer Zeit habe ich die WZ gebeten, doch einmal einen Bildreporter auf dieses Gelände im Tescher Loch zu schicken, damit die Öffentlichkeit weiß, wo die Buga stattfinden soll. Keine Reaktion. Solch ein Auftrag an die Fotografin sei zu teuer, hörte ich dann am Telefon.
Natürlich kann eine Bundesgartenschau hässliche Brachen in einen wunderbaren Park verwandeln. Aber an der Lage dieser Brachen kann sie nichts ändern. Und so sind die hässlichen Seiten dieses Geländes bis heute unbekanntes Gebiet: die tiefen Löcher zwischen den hohen Bahndämmen entsprechen so gar nicht den normalen Vorstellungen eines flachen, rollstuhl- und rollatorgeeigneten Parks für spazierengehende Senioren. Die verfallenen Industriegebäude und die bleibenden Privatgelände zerklüften das ganze Areal und machen nach der Karte der Machbarkeitsstudie manchen Weg zum schmalen Durchgang zwischen Bahndamm und Zäunen. Bundesgartenschau sieht normalerweise anders aus.
Ach ja, das Gelände wird wohl auch noch teuer gekauft werden müssen. In den 70 Mio. € der Machbarkeitsstudie ist jedenfalls kein einziger Cent für Grundstückskäufe eingeplant. Und ob die Bundesbahn das Gelände ihres Mieters Eisenbahnersportverein hergibt, wird die Stadt sicher inzwischen erkundet haben.
Und wer sich selbst einmal auf Expedition begeben will, der spaziert am besten von der Bahnstraße aus über die Straße Grünewald und geniesst die früher einmal für die Buga vorgesehenen großzügigen Flächen der Tescher Wiesen. Unten hinter dem Übergang über die alte Bahntrasse nach Mettmann beginnt das übriggebliebene Bundesgartenschaugelände: „Eine perfekte Filmkulisse für einen Horrorfilm“ meinte eine Besucherin. Oder man kann auch auf der anderen Seite von Hammerstein aus über die Flieth kommen und durchquert den Tunnel unter der Nordbahntrasse. Hinter dem Tunnel ist dann ungläubiges Entsetzen über das hier beginnende repräsentative Hauptgelände der Buga garantiert.
Bei dem Artikel in der WZ stimmt allerdings die Überschrift nicht: Für mich als Gegner der Buga ist das Areal kein weißer Fleck. Wie oft habe ich öffentlich, z.B. in WTOTAL, und in Schreiben an Presse, Politik, Stadtverordnete und Stadt auf diese schäbige zentrale Buga-Hauptfläche hingewiesen: Ohne jede Reaktion. Man hat sich bis heute geweigert, diese Kritik zur Kenntnis zu nehmen und zu diskutieren.
Und es gibt zur Buga noch einige spannende Expeditionen in unbekanntes Gebiet: Z.B. könnte man mal von dem Haupteingang der Buga virtuell über die geplante Brücke über die Bahngleise steigen und dann vom P&R-Parkplatz aus real hinunter zum Schwebebahnhof Bruch klettern. Mit etwas realitätsnaher Phantasie sieht man vor seinem geistigen Auge dann von weit oben schon die lange Besucherschlange vor der überlasteten Schwebebahnstation. Wie stolz werden die älteren Buga-Besucher zu Hause berichten, dass sie diese Steigungen geschafft haben. Eine wirklich tolle Werbung für Tourismus in Wuppertal.
Und man kann sich auf weitere Forschungsreisen begeben, wo z.B. 2031 die normalen Zoobesucher mit kleinen Kindern und Kinderwagen einen Parkplatz in Zoonähe finden könnten, wenn gleichzeitig noch zigtausend Buga-Gäste den Zoo bevölkern. Und auf der anderen Seite im Briller Viertel werden zehn Jahre lang sich alle die Ausflüglerfamilien auf Parksuchverkehr begeben, die möglichst hoch nahe an der Brücke, wenn sie denn käme, einen Parkplatz brauchen.
Ja, die Buga bietet spannende Diskussionen. Man müsste sie nur dringend führen, statt sich in unrealistischen bunten Illusionen, schönen Tagträumereien und wunderbaren Hoffnungen über eine glanzvolle Buga mit Millionen begeisterter Gäste zu verlieren. Kritik zu ignorieren, war noch nie erfolgreich. Eine Firma, die so ignorant mit Kritik umgeht wie Stadt und Förderverein, könnte nicht lange überleben.
Manfred Alberti