Der Verlust von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe stellt die Wirtschaft im Bergischen Städtedreieck vor große Herausforderungen. Besonders stark betroffen sind die Metall-, Elektro- und Stahlindustrie, während andere Branchen ein leichtes Wachstum verzeichnen. Die Region blickt auf eine lange Tradition als Industriestandort zurück, muss sich jedoch den aktuellen Veränderungen und Anforderungen anpassen.
Rückgang der Industriearbeitsplätze setzt sich fort
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe ist im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1.261 gesunken – ein Rückgang von 0,5 Prozent. Besonders deutlich zeigt sich dieser Verlust in Solingen, wo die Abgänge in der Industrie durch andere Sektoren nicht ausgeglichen werden konnten.
In Remscheid blieb die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe weitgehend stabil, während Wuppertal durch den starken Dienstleistungssektor sogar einen leichten Zuwachs an Arbeitsplätzen verzeichnete. Über das gesamte Städtedreieck hinweg entfallen 1.403 der verlorenen Stellen auf die Metall-, Elektro- und Stahlindustrie, 703 weitere auf die Herstellung von Vorleistungsgütern. Ein leichter Anstieg um 494 Arbeitsplätze wurde lediglich im Bereich der Konsumgüterproduktion verzeichnet.
Arbeitsmarktentwicklung zeigt gemischtes Bild
Die Arbeitslosigkeit ist in allen drei Städten im vergangenen Jahr leicht gestiegen. In Solingen erhöhte sich die Quote von 7,7 auf 8,1 Prozent, in Wuppertal von 9,1 auf 9,3 Prozent und in Remscheid von 7,9 auf 8,3 Prozent. Damit liegt das Städtedreieck weiterhin über dem landesweiten Durchschnitt von 7,5 Prozent und deutlich über dem bundesweiten Wert von 6,0 Prozent.
Besonders besorgniserregend ist die Zunahme von Anzeigen auf Kurzarbeit in den Industriebranchen, vor allem in Remscheid und Solingen. Diese Entwicklung könnte auf eine weitere Verschärfung der Lage hinweisen.
Vom Textilstandort zur diversifizierten Wirtschaftsregion
Das Bergische Städtedreieck blickt auf eine beeindruckende Geschichte als Industriestandort zurück. In Wuppertal prägte die Textilindustrie einst die Wirtschaftslandschaft. Innovationen wie die Erfindung des synthetischen Farbstoffs Alizarin durch Carl Graebe und Carl Liebermann sowie die Einführung mechanischer Webstühle durch die Brüder Vorwerk trieben die industrielle Entwicklung im 19. Jahrhundert voran.
Die Region entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte weiter und diversifizierte ihre Wirtschaft. Heute dominieren Branchen wie der Maschinenbau, die Automobilzulieferindustrie sowie die chemische und pharmazeutische Industrie. Rund 30 Prozent des regionalen Umsatzes werden direkt oder indirekt durch die Automobilindustrie erzielt.
Vielfalt als Stärke: Hidden Champions und Global Player
Neben international bekannten Unternehmen wie Vorwerk, der Barmenia Versicherung oder Schmersal beheimatet die Region zahlreiche Hidden Champions. Unternehmen wie die HUEHOCO GmbH (Metallveredelung) oder Stocko Contact (Steckverbindungen) zählen in ihren Nischen zu den Marktführern.
Die Exportquote der Industrie in Wuppertal, Solingen und Remscheid lag 2020 bei 56,5 Prozent und übertrifft damit den Landesdurchschnitt von 43,7 Prozent deutlich. Diese hohe Exportorientierung unterstreicht die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft auf internationalen Märkten.
Fokus auf Qualifikation und Innovation
Angesichts der Herausforderungen setzt die Agentur für Arbeit verstärkt auf Weiterbildung und Qualifizierung. Im Jahr 2024 begannen rund 1.700 Menschen eine berufliche Qualifizierungsmaßnahme, darunter 650 mit dem Ziel eines vollwertigen Berufsabschlusses. Diese Bildungsoffensiven sollen dazu beitragen, den steigenden Bedarf an Fachkräften zu decken und die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu sichern.
Zukunftsperspektiven und Herausforderungen
Der Strukturwandel stellt die Region vor erhebliche Herausforderungen. Während die Verluste an Industriearbeitsplätzen schmerzen, zeigen Wachstum in den Bereichen Gesundheitswesen, Logistik und öffentliche Verwaltung, dass es Potenziale für eine erfolgreiche wirtschaftliche Neuausrichtung gibt.
Die Bergische Wirtschaft steht exemplarisch für die Anpassungsfähigkeit einer traditionellen Industrieregion. Mit gezielten Investitionen in Bildung, Innovation und nachhaltige Technologien könnte das Städtedreieck seinen Platz als bedeutender Wirtschaftsstandort weiter festigen und zukunftssicher gestalten.