Die ersten Spielkarten und Kartenspiele stammen aus dem Ostasien des 12. Jahrhunderts. Das in Deutschland gebräuchliche französische Kartenblatt ist im 15. und 16. Jahrhundert entstanden. Noch heute kommt es beim Skat, Rommé, Poker und vielen anderen Kartenspielen zum Einsatz.
Videospiele und andere Freizeitbeschäftigungen graben Kartenspielen das Wasser ab. Dennoch ist das Interesse weiter groß. Im September 2021 gaben bei einer Befragung unter 3.000 Personen 49 % der jungen Erwachsenen an, mindestens einmal im Monat Gesellschafts- oder Kartenspiele zu spielen. Anzumerken ist, dass unter „Kartenspiele“ auch das in Büros gern gespielte Windows-Solitär gefasst werden könnte.
2022 werden Kartenspiele in Deutschland voraussichtlich einen Umsatz von etwa 124 Millionen erwirtschaften. Jahr für Jahr erscheinen neue Ableger bekannter Klassiker oder gänzlich frische Spielideen.
Spiele mit unvollständiger Information
Die meisten Kartenspiele sind Spiele mit unvollständiger Information. Das ist durchaus sinnvoll. Würde man Poker mit offenen Karten spielen, könnten die Spieler in jeder Spielsituation perfekte Entscheidungen treffen. Jeder Bluff würde durchschaut, nie ohne die beste Hand gesetzt werden.
Die fehlenden Informationen sorgen für ein herrliches Rätselraten. Das Mucking beim Poker ist erlaubt – jeder Spieler kann seine Hand also auf den Ablagestapel legen, ohne sie zeigen zu müssen. So fischen die Gegner im Trüben: Hatte mein Gegner die stärkste Hand? Oder habe ich einem Bluff geglaubt? Der Bluff ist inhärenter Bestandteil aller Poker Spiele.
Auch die meisten anderen Kartenspiele leben von der Unsicherheit bei Spielentscheidungen. Selbst Skat – einem Kartenspiel mit nahezu vollständiger Information – wohnt ein Glücksfaktor inne. Der Mischvorgang verwässert die Informationen, die den Spielern zur Verfügung stehen.
Dennoch gibt es Kartenspiele mit perfekter Information. Wenn Sie eine Patience FreeCell legen, haben Sie von Anfang alle Karten im Blick. Bei jeder Entscheidung ist klar, wie sich das Spielfeld verändern wird.
Definitionsfrage: Was ist ein Kartenspiel?
Kartenspiele entziehen sich einer eindeutigen Definition. Karten müssen wesentlicher Bestandteil des Spiels sein – das ist unstrittig. Doch niemand würde Monopoly als Kartenspiel bezeichnen, obwohl es ohne Ereigniskarten, Gemeinschaftskarten und Straßenkarten nicht spielbar wäre.
Die deutsche Wikipedia unterscheidet Kartenspiele, die mit klassischen Karten gespielt werden, Spielen mit eigenem Blatt, Spielen, die zusätzliches Material – zum Beispiel ein Spielbrett – erfordern, und Sammelkartenspielen.
Klassische Kartenspiele – an Beliebtheit nicht eingebüßt
Kartenspiel-Klassiker werden für gewöhnlich mit französischen Spielkarten gespielt. Besonders beliebt ist hierzulande Skat. Das Stichspiel wird zu dritt gespielt – ein Alleinspieler versucht sich gegen zwei Kontrahenten zu behaupten. Skatturniere werden als Preisskat ausgetragen. Sie gelten auf Grund des Turnierformats nicht als Glücksspiel. Seit Ende 2016 ist Skat Teil des immateriellen Kulturerbes.
Bridge ist ein weiteres Stichspiel, das zu viert mit zwei Mannschaften à zwei Personen gespielt wird. Das Kartenspiel beinhaltet zahllose Kniffe und Strategien und ist derart komplex, dass wie beim Skat Turniere abgehalten werden. Normalerweise meldet man sich bei Turnieren als Team an – allerdings gibt es auch Turnierformate, bei denen dem Spieler nach jeder Partie ein neuer Partner zugewiesen wird.
Weitere bekannte Klassiker:
Schnapsen, das vor allem in Süddeutschland und Österreich verbreitet ist. Schnapsen ist ein Stichspiel für zwei Spieler. In Deutschland und Österreich gleichermaßen beliebt ist Rommé oder Rummy, das zumeist mit sechs Joker-Karten gespielt wird. Ziel ist es, Poker ähnliche Kombinationen wie Drillinge zu bilden und diese schneller abzulegen als die Gegner.
Neue Kartenspiele für Jung und Alt
Heute noch werden neue Kartenspiele konzipiert, die zum Teil als Spiel des Jahres ausgezeichnet werden. Ein solches Kartenspiel ist Hanabi. Beim Spiel des Jahres 2013 geht es darum, Karten in der Tischmitte passend abzulegen. Das einzige Problem: Jeder Spieler hält die Karten verkehrt herum. Das bedeutet, jeder Akteur kann die Karten der anderen sehen – nur nicht die eigenen. Die Mitspieler dürfen Hinweise liefern, was jedoch Chips kostet. Ein wohlbedachtes Vorgehen ist für einen Sieg zwingend erforderlich.
Nominiert als Spiel des Jahres 2019 war L.A.M.A. Das Kartenspiel ist kinderleicht und spielt sich wie Uno oder Mau-Mau. Wie bei den Vorbildern besteht das Ziel darin, alle Handkarten loszuwerden. Ist eine Runde vorbei, werden alle Karten entsprechend ihrer Werte als Minuspunkte notiert.
The Game wäre beinahe Game des Jahres 2015 geworden. Auch dieses Kartenspiel hat – wie schon Hanabi – ein kooperatives Element. Ohne Absprachen mit den anderen Mitspielern ist es schwierig bis unmöglich, zu triumphieren.
Kartenspiele aus der Spielbank
In Spielbanken werden Kartenspiele wie Blackjack, Bakkarat oder Poker um Geld gespielt. Jedoch hat es nur Poker geschafft, sich außerhalb der Casino-Wände durchzusetzen. Der Grund ist schnell gefunden: Blackjack und Bakkarat sind unfair – der Spieler ist gegenüber dem Kartengeber immer im Nachteil.
Poker ist interessant, weil der bessere Spieler seinen Kontrahenten gegenüber im Vorteil ist. Homegames sind ein beliebter Zeitvertreib für Erwachsene. Das Kartenspiel ist unter Freunden oft bloß ein Vorwand, um zusammenzukommen und Spaß zu haben.
Neuauflagen bekannter Kartenspiele
Ältere Kartenspiele wie Skip-Bo oder Phase 10 werden immer wieder neu aufgelegt, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Skip-Bo ist erstmals 1967 erschienen, Phase 10 folgte 1985. Mit neuen Sets versuchen die Hersteller dieser Spiele, relevant zu bleiben.
Auf die Spitze treibt es Hersteller Mattel mit Uno. Das bekannte Kartenspiel ist dutzendfach in Sondereditionen erschienen. Beim Design der Karten lässt man sich von popkulturellen Einflüssen inspirieren. So waren im Handel schon Rick and Morty, Harry Potter und SpongeBob als Uno Kartenspiel erhältlich.
Mit Dos – Spanisch für: Zwei – ist vor einigen Jahren eine Fortsetzung zu Uno erschienen. Dos erlaubt es dem Spieler, die Summe zweier Karten in einem Spielzug abzulegen.
Sammelkartenspiele
Sammelkartenspiele wie Magic: The Gathering oder Yu-Gi-Oh! zeichnen sich dadurch aus, dass es oft hunderte Spielkarten gibt, die der Spieler in vorgefertigten Sets oder in Form von Packungen im Einzelhandel erwerben muss.
Mit diesen Karten muss der Spieler den Regeln entsprechend ein Deck zusammenstellen, bevor er Gegner zu einem Duell herausfordern kann. Die eigentlichen Spielregeln sind oft sehr komplex und setzen ein tiefgreifendes Verständnis voraus, um die richtige Herangehensweise auszuloten.
Für manche Fans von Sammelkartenspielen steht das Sammeln im Vordergrund. Besonders seltene Karten sind zum Teil unglaublich wertvoll. So gibt es zum Beispiel Pokémon-Karten, die für fünf- oder sechsstellige Geldbeträge den Besitzer wechseln.
Werden Kartenspiele von Videospielen verdrängt?
Manch einer befürchtet, dass Videospiele und Mobile Gaming Kartenspiele obsolet machen. Im Grunde ist die Sorge jedoch unbegründet. Tatsächlich hat sich das Kartenspiel längst als eigenes Genre im Videospiele-Kosmos ausgebreitet.
Sammelkartenspiele wie Hearthstone oder Gwent haben das Trading Card Game digitalisiert. Zum Teil verbauen die Hersteller Kartenspiele als Minispiel in ihren Games. Gwent ist beispielsweise dem Action-RPG The Witcher 3 entsprungen. Dort hieß es noch Gwint, und stieß auf so großen Zuspruch, dass CD-Projekt RED kurzerhand das Sammelkartenspiel Gwent ankündigte.
Poker ist bereits seit den frühen 2000er Jahren online spielbar. Zudem wurden für PlayStation, Xbox und andere Systeme bereits diverse Poker Spiele veröffentlicht.
Eigentlich ist bereits ein Windows-Rechner ausreichend, um sich mit Kartenspielen zu vergnügen. Mit der Solitaire Collection veröffentlichte Microsoft eine Sammlung mit insgesamt fünf Patience Kartenspielen. Täglich nehmen hunderttausende Spieler an den Turnieren auf Zeit teil.
Kartenspiele werden nicht verschwinden
Das Kartenspiel ist seit Jahrhunderten eine Freizeitbeschäftigung, die Jung und Alt begeistert. Statistische Erhebungen legen keineswegs nahe, dass Kartenspiele in Vergessenheit geraten. Was sich allenfalls ändert, sind die Namen der Kartenspiele. Und die Art, wie gespielt wird. Verstärkt werden Karten etwa digital gemischt und ausgespielt.
Wer die Spielelandschaft überblickt, stellt umgekehrt aber genauso fest, dass neue Kartenspiele laufend auf den Markt strömen. Nicht selten werden Kartenspiele als Spiel des Jahres gehandelt – oder bekommen die Auszeichnung sogar zugesprochen. Hanabi ist als Spiel des Jahres 2013 ein Paradebeispiel.