Im Dezember 2022 erhöhte die EZB den Leitzins zuletzt um 0,5 %. Damit ist er Stand erstes Quartal 2023 bei 2,5 % angekommen. Eine gravierende Erhöhung, wenn wir einmal auf Juli 2022 zurückblicken. Seinerzeit lag der Leitzins über mehrere Jahre infolge bei glatten 0 %. Aber welche Auswirkungen hat das für den Verbraucher? Ist es dennoch möglich, einen Kredit oder eine Finanzierung mit günstigen Zinsen aufzunehmen? Wovon gehen Experten aus und welche Fallen müssen bei der Kreditaufnahme beachtet werden?
Vorausschau für 2023 – wie entwickelt sich der Leitzins voraussichtlich?
In wirtschaftlich stabilen Zeiten senkt die Europäische Zentralbank den Leitzins und sorgt damit für günstige Kredite. Sind die Zeiten schlecht, kann der Inflation nur mit einer Erhöhung des Leitzinses entgegengetreten werden. Jeweils im Juli, September und Oktober letzten Jahres wurde der Zins um 0,5 % bzw. 0,75 % angehoben. Es wird schon jetzt von Experten erwartet, dass auch 2023 noch weitere Anhebungen erfolgen.
Vorreiter waren die USA, die mittlerweile einen Leitzins von rund 4 % aufweisen, auch hier ist ein weiterer Anstieg nicht auszuschließen. Für die EZB gab es beinahe keine andere Lösung als nachzuziehen. Dabei sitzt die Angst vor einer Regression aber fest im Nacken. Stagniert das Wirtschaftswachstum in Deutschland, hat das negative Folgen auf die gesamte EU.
Legen wir den Blick nun aber einmal weg von wirtschaftlichen Themen der Länder, hin zu den Verbrauchern. Welche Folgen hat die Leitzinserhöhung? Können Verbraucher weiterhin Geld bei der Bank leihen, ohne an überteuerten Zinsen zu scheitern? Das Problem ist gar nicht so sehr der effektive Leitzins. Fehler bei der Kreditaufnahme gibt es oft schon viel früher, selbst wenn der Leitzins bei 0 % liegt. Welche das sind und wie sie zu vermeiden sind, erklären wir nachfolgend.
Das Vertrauen in die Bank – warum es laut Experten so gefährlich ist
Sofern die Bonität stimmt, erhalten Verbraucher schnell ein Kreditangebot. Bankkaufmann Quang-Dung Ta erklärt den Ablauf:
„Im ersten Schritt gibt man alle angeforderten Daten im Online-Formular ein. Systemseitig wird dann eine Bonitätsabfrage gestellt. Anschließend kann man den Kreditvertrag unterschreiben und die Nachweise zum Einkommen sowie den unterschriebenen Vertrag an die Bank übermitteln. Die Legitimation erfolgt danach über Post-Ident oder Video-Ident. Im Anschluss bearbeitet die Bank den Kreditantrag und man erhält die Rückmeldung. Fehlen noch Dokumente, müssen diese nachgereicht werden und es geht zurück zur Bearbeitung. Ist alles vollständig, bekommt man eine Genehmigung oder Ablehnung. Bei einer Genehmigung wird der Kredit ausgezahlt.“
Für eine erfolgreiche Antragsstellung sollten laut Experten Paul Ballichar folgende Unterlagen bereitgehalten werden:
- Personalausweis / Reisepass
- Gehaltsnachweise der letzten drei Monate
- Kontoauszüge der letzten 30 Tage / des letzten Monats
- Daten der Kontoverbindung
- bereits bestehende Kreditverträge
Alexander Artopé ist Geschäftsführer des Unternehmens Smava und weiß, wie gefährlich es ist, das erstbeste Kreditangebot anzunehmen. Er betreibt ein Kreditportal und gerade in den letzten Jahren hat die Kreditberatung bei Smava an Relevanz gewonnen. Der Fachmann berichtet davon, wie wichtig das Thema „Vergleichen“ bei einer Kreditaufnahme ist.
Das Angebot der Bank ist immer nur eine Momentaufnahme. Wer weiß schon, ob andere Banken nicht viel günstigere Angebote gegeben hätten? Innovative Kreditportale sind für Verbraucher ein Segen, vorausgesetzt sie werden genutzt! Dort gibt es nicht nur das Angebot einer einzelnen Bank, sondern gleich mehrere Kreditnehmer passende Vorschläge. Im Fokus stehen auch hier Faktoren wie Bonität, Rückzahlungshöhe und natürlich der Leitzins.
Der kann von keiner Bank umgangen werden, Kredite sind 2023 einfach teurer als noch vor zwei Jahren. Aber wenn die Aufnahme dennoch nötig ist, sollten keine unnötigen Gelder verschenkt werden. Warum einen überhöhten Zinssatz bei der Hausbank bezahlen, wenn es bei der Direktbank im Netz das günstigere Angebot gibt?
Gute oder schlechte Bonität? Das ist keine Schätzfrage
Menschen, die nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind, gehören in der Regel nicht zu den kreditwürdigen Personen. Es geht hier nicht um Diskriminierung oder Ausgrenzung, sondern um den Schutz beider Seiten. Der Kreditnehmer sollte immer in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen. Für die Bank ist das natürlich ebenso wichtig, denn ein Zahlungsausfall ist unerwünscht. Der Bonitätscheck vor der Kreditaufnahme ist Standard und kann bei seriösen Anbietern nicht umgangen werden. Nachweise über das Einkommen und die Möglichkeit der Rückzahlung sind zwingend.
Aber wer seine eigene Bonität nicht kennt, kann die Auswirkungen auf die Kreditaufnahme nicht einschätzen. „Ich zahle immer alles, also ist meine Bonität gut.“ So einfach funktioniert es nicht. Alte Schufaeinträge, mehrere ungenutzte Kreditkarten oder Konten, der Wohnort – es gibt viele Faktoren, die die Bonität beeinflussen.
Bevor es an den Antrag für einen Kredit geht, ist es wichtig, genau über den eigenen Score informiert zu sein. Auf dieser Basis sind dann auch Verhandlungen mit dem Bankberater vor Ort möglich. Hierbei gilt der Grundsatz: Je schlechter die Bonität, desto höher die potenziellen Zinsen. Einen Einblick gibt es einerseits bei der Schufa, andererseits aber auch bei mehreren Auskunfteien.
Zu hohe Rückzahlungsraten – das wird schnell zum Verhängnis
Am häufigsten nehmen die Deutschen Kredite für Auto und Motorrad auf, gefolgt von Ausgaben für Möbel. Niemand hat gern Schulden und so besteht der Wunsch, das Geld so schnell wie möglich zurückzuzahlen. Von Experten in diesem Bereich wird darauf aufmerksam gemacht, wie fatal eine blauäugige Berechnung der Rückzahlungsraten sein kann.
Das Ziel ist, dass auch nach der Kreditaufnahme noch genug Geld zum Leben übrig bleibt. Die Kreditraten dürfen nicht so hoch ausfallen, dass am Ende die Schuldenfalle droht. Das bedeutet, zunächst einmal einen Ist-Status der eigenen Finanzen zu erstellen. Wie viel Geld geht monatlich ein? Welcher Anteil entfällt auf Fixkosten und ist unverzichtbar? Welcher Betrag muss auf die hohe Kante fließen, um im Fall von Sonderausgaben nicht völlig blank dazustehen?
Viele Verbraucher setzen darauf, die Raten so schnell wie möglich abzuzahlen und die Schulden wieder los zu sein. Der Schuss kann nach hinten losgehen. Es ist ratsamer, die Raten etwas kleiner anzusetzen und im Zweifel dann Sonderzahlungen zu leisten.
Wie fatal falsche Einschätzungen sind, zeigt auch die Verwendung des Dispokredits. Sofern genug Einkommen vorhanden ist, können die meisten Verbraucher ihr Konto überziehen. Doch nicht nur die hohen Zinsen sind hier eine böse Falle. Flächendeckend bei zahlreichen Banken ist mangelnde Aufklärung beim Dispo laut Verbraucherzentrale ein gravierendes Problem. Die Menschen wissen gar nicht, in welche Falle sie da tappen. Experten raten unisono davon ab, Geldprobleme mit dem Dispo zu überbrücken.
Wenn der Kreditvergleich falsch ist – böser Fehler für die Aufnahme
Ein Kreditvergleich ist ein hilfreiches und sinnvolles Mittel, um das beste Angebot für die eigenen Bedürfnisse zu ermitteln. Werden hierbei aber unvollständige oder falsche Angaben gemacht, verändern sich die Kreditangebote. Falsche Daten beim Einkommen, eine Fake-Adresse – so kann kein solides Resultat erzielt werden. Manchmal wird überhaupt kein Angebot ermittelt, da die Schufa die eingegebenen Daten keiner Person zuordnen kann.
Auch wenn der Kreditvergleich innerhalb weniger Minuten durchgeführt ist, sollte er sorgfältig geplant sein. Hier kommt eine kleine Auflistung der dafür nötigen Angaben:
- Persönliche Angaben über den Kreditnehmer
- Angaben zum Arbeitsverhältnis (Länge, Einkommen, Arbeitgeber)
- Zweckbindung des Kredits (freie Summe, Autokredit)
- Möglicher zweiter Kreditnehmer (alle Angaben wie bei Kreditnehmer 1)
- Gewünschte Gesamtkreditsumme inklusive Laufzeit
- Monatliche Ausgaben (Raten für andere Kredite, Unterhaltszahlungen)
- Alle weiteren Einkünfte (zusätzliches Einkommen neben dem Beruf)
Werden alle Angaben wahrheitsgemäß gemacht, ist der Kreditvergleich eine gute Möglichkeit, ein faires Angebot zu bekommen. Es besteht keine Verpflichtung, hier dann wirklich zuzuschlagen. Wenn das Angebot von der Hausbank die günstigere Variante war, kann es auch immer noch abgeschlossen werden.
Grundsätzlich kann es auch rentabel sein, eine Kreditberatung im Vorfeld durchführen zu lassen. Manchmal kommen verschiedene Arten von Krediten in Betracht. Wer zum Beispiel ein neues Auto kaufen möchte, kann einerseits einen ungebundenen Kredit aufnehmen. Der Nachteil hierbei ist, dass die Kosten und Zinsen höher sind. Was viele Verbraucher nicht wissen: Ein zweckgebundener Kredit (z.B. ein Autokredit) ist deutlich günstiger, da die Bank eine Absicherung bekommt.
Bei Aufnahme eines Autokredits erhält die Bank den Fahrzeugbrief und damit die Sicherheit des Fahrzeugs. Wenn die Raten nicht mehr gezahlt werden können, kann die Bank ihre Ansprüche daraus bedienen. Folglich ist das Risiko geringer und das Kreditinstitut kann günstigere Zinsen ermöglichen.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist im Sinne des eigenen Kapitals die bessere Option
Natürlich wünschen wir uns alle eine Welt ohne Betrug und ohne Vertrauensprobleme. Die Bank will doch auch nur das Beste, oder? Ja, allerdings handelt es sich in diesem Fall um Geld. Es gab bereits 2018 Vergleichsrechnungen, die herausfanden, dass der effektive Jahreszins bei der Hausbank oftmals um bis zu 2,15 Prozentpunkte höher lag als bei einem online ermittelten Angebot. Das klingt auf den ersten Blick wenig, rechnet sich aber auf die Höhe der Summe.
Durch die Erhöhung des Leitzinses sind gestiegene Kosten nicht mehr zu vermeiden. Das Geld ist weniger wert, dafür kostet es mehr, sich welches zu leihen. Dennoch haben sich an den Bedingungen für eine seriöse Kreditaufnahme keine Änderungen ergeben. Wer wirklich sparen möchte, muss für sich das günstigste Angebot finden. Manchmal nimmt das etwas Zeit in Anspruch, beispielsweise durch intensives vergleichen. Beim Shopping ist es allerdings längst Standard geworden, dass die Angebote verschiedener Shops miteinander in Konkurrenz gestellt werden. Warum also nicht auch bei der Hausbank? Nur weil dort das eigene Girokonto geführt wird, heißt das nicht, dass die Bank automatisch auch die fairsten Konditionen liefert. Ein gesundes Misstrauen ist aus Verbrauchersicht wirklich angebracht.
Fazit: Kreditpreise lassen sich trotz EZB-Leitzinserhöhung senken
Auch wenn die 2,5 % Leitzinserhöhung nicht wegzudiskutieren sind, ergibt sich mit den Berechnungen von 2018 ein interessantes Bild. Wenn damals ein durchschnittlicher Unterschied von 2,15 % zwischen online ermittelten Krediten und Hausbankkrediten bezahlt, amortisiert sich die Leitzinserhöhung bei einem gründlichen Vergleich fast vollständig. Die wirklichen Kosten drohen versteckt durch Fallen, die von Verbrauchern nicht erkannt werden. Mehr Aufklärung ist daher auch laut Experten das wichtigste Credo, um Fairness im Finanzwesen zu erzielen.